Al-Aksa-Brigaden melden Entführung eines weiteren Soldaten
30. Juni 2006Die israelischen Streitkräfte sagten dagegen am Freitag (30.6.), ihnen sei nichts von einer Entführung in Nablus im Westjordanland bekannt. Israel war am Mittwoch (28.6.) in den Gazastreifen einmarschiert und hatte in der Nacht zu Freitag zahlreiche Luftangriffe auf den Gazastreifen geflogen.
Der palästinensische Ministerpräsident Ismail Hanija mahnte seine Landsleute angesichts des israelischen Großangriffs zur Geduld. Israel wolle die Hamas-Regierung stürzen, diese werde sich aber trotz der Entführung von acht Ministern und 56 weiteren Hamas-Politikern nicht beugen. Auf die Entführung des Soldaten Gilat Schalit ging Hanija in seiner ersten öffentlichen Erklärung seit Beginn des Großangriffs auf Gaza nicht ein. Hanija versicherte gleichzeitig, die Bemühungen um die Freilassung des am Sonntag (25.6.) verschleppten 19-jährigen Soldaten gingen weiter, allerdings stehe Israel diesen Bemühungen mit seiner Offensive im Gazastreifen und der Festnahme von Hamas-Politikern im Wege.
Ägypten bemüht sich um Vermittlung
Der ägyptische Präsident Husni Mubarak sprach von ersten Erfolgen in seinen Bemühungen um Schalits Freilassung. Ägypten habe etliche Kontakte geknüpft, darunter auch zu ranghohen Mitgliedern der Hamas, die "positive Ergebnisse" erbracht hätten, sagte Mubarak in einem Interview mit der Zeitung "El Ahram". Die Hamas sei zu Zugeständnissen bereit, "damit die Lage nicht eskaliert".
Israel habe diese Bedingungen aber "bislang nicht angenommen". Israels Regierungschef Ehud Olmert habe ihm jedoch versprochen, "kein Blut unschuldiger Zivilisten fließen zu lassen". Um welche Bedingungen es sich handelte, ließ Mubarak offen. Drei radikale Palästinensergruppen, darunter auch der bewaffnete Flügel der Hamas, hatten am Montag (26.6.) die Freilassung aller in Israel inhaftierten palästinensischen Frauen und Kinder im Austausch gegen den entführten Soldaten gefordert.
Israelis weiten Bodenoffensive nicht aus
Die Armee hielt sich am Freitag an die Anweisung, ihre Bodensoffensive nicht auf den Norden des Gazastreifens auszuweiten. Nach offiziellen Angaben hatte Olmert die Offensive auf Bitten Mubaraks ausgesetzt, um seinen Vermittlungsbemühungen mehr Zeit zu geben. Nach Informationen der israelischen Zeitungen "Haaretz" und "Jediot Aharonot" befürchtete Olmert in Wirklichkeit, dass der Einsatz in dem dichtbesiedelten Gebiet zahlreiche Opfer innerhalb der Bevölkerung und der israelischen Armee fordern würde. Zwischen Olmert und dem Generalstab sei es deshalb zum Streit gekommen.
Die israelischen Medien waren am Freitag geteilter Meinung über den israelischen Schritt, die Offensive "Sommerregen" mehr und mehr in eine Kampagne gegen die im März gewählte Hamas-Regierung umzuwandeln. Während "Jediot Aharonot" die einmalige Chance feierte, "endgültig mit Hamas aufzuräumen", meinte "Haaretz", die Regierung müsse ihren "Verstand verloren" haben, sich auf eine derartige "militärische Eskalation frei von jeder Logik" einzulassen.
Hamas-Abgeordnete verlieren Wohnrecht für Ost-Jerusalem
Dem Hamas-Minister für Jerusalem Chaled Abu Arafeh sowie drei weiteren Abgeordneten entzogen die israelischen Behörden die Aufenthaltsgenehmigung für den annektierten Ostteil Jerusalems, weil sie sich geweigert hatten, aus der radikalen Bewegung auszutreten und ihre Ämter niederzulegen. Sie gehören zu den 64 führenden Hamas-Politikern, die am Vortag von der israelischen Armee festgenommen worden waren. Sie dürfen nun nicht mehr in Ost-Jerusalem wohnen. Die Aktion löste international Sorge vor einer weiteren Eskalation aus. Die US-Regierung, UN-Generalsekretär Kofi Annan und die Bundesregierung riefen beide Seiten zur Mäßigung auf.
Anti-israelische Proteste in Ägypten
In Ägypten haben am Freitag tausende von Menschen gegen die israelische Militäroffensive in den Palästinensergebieten demonstriert. In Kairo versammelten sich knapp 3000 Demonstranten nach dem Freitagsgebet in der Al-Azhar-Moschee. Sie schwenkten palästinensische Fahnen und forderten die ägyptische Führung auf, den 1979 zwischen Ägypten und Israel geschlossenen Friedensvertrag aufzukündigen. Etwa 1000 Ägypter protestierten in der Anwaltskammer von Alexandria. Unter den Demonstranten, die auch zum Boykott israelischer und amerikanischer Produkte aufriefen, waren nach Angaben von Augenzeugen zahlreiche Anhänger der Muslimbruderschaft. (je)