Türkei: Ein Häftling mehr - nicht irgendeiner
29. Dezember 2016Ahmet Sik hat sich als Autor und regierungskritischer Journalist in der Türkei einen Namen gemacht. Der prominente Publizist wurde nun in Istanbul festgenommen. Das berichteten sowohl Sik selber auf seinem Twitter-Account als auch die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Der Journalist schrieb auf Twitter: "Ich werde festgenommen."
Die Behörden gehen seit dem Putschversuch von Mitte Juli verstärkt gegen Regierungskritiker vor. Anadolu schreibt, Sik werde Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und Beleidigung von Staatsorganen vorgeworfen. Grundlage seien Artikel, die in der regierungskritischen Zeitung "Cumhuriyet" erschienen sind, sowie Twitter-Einträge des Autors.
Das verbotene Buch
Der investigative Journalist und Autor gehört zu den prominentesten Kritikern der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Staatschef Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch Mitte Juli verantwortlich macht. Siks Buch "Die Armee des Imam" wurde 2011 noch vor der Veröffentlichung verboten, er selber saß ein Jahr lang in Untersuchungshaft. Sik kritisiert aber zugleich die jahrelange Förderung Gülens durch die Regierungspartei AKP und vor allem durch den heutigen Staatspräsidenten Recep Tayipp Erdogan bis zum öffentlichen Bruch der beiden Männer im Jahr 2013.
Gülen und Erdogan zusammen vor Gericht?
Baris Yarkadas, Abgeordneter der Oppositionspartei CHP, sagte, Sik sei für die ersten fünf Tage im Polizeigewahrsam der Kontakt zu einem Anwalt untersagt worden. Der Parlamentarier hatte nach eigenen Worten zuvor mit dem Journalisten gesprochen. Nach den derzeit geltenden Notstandsdekreten kann Festgenommenen fünf Tage lang der Kontakt zu einem Rechtsvertreter untersagt werden. Sie können bis zu 30 Tage lang festgehalten werden, bevor sie einem Haftrichter vorgeführt werden müssen.
Die Deutsche Presse-Agentur zitierte heute früh ein Interview mit Sik aus dem August. Darin sagte der Journalist: "Über die Gülen-Gemeinde zu diskutieren und gleichzeitig die Mitschuld der AKP verheimlichen, ist ein großes Versäumnis. Fethullah Gülen und Recep Tayyip Erdogan müssen wegen Bildung und Leitung einer Organisation zusammen vor Gericht gestellt werden". Das waren schon zu diesem Zeitpunkt mutige Worte in der Türkei des Jahres 2016.
ml/sti (dpa, Twitter)