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Afrikas Imagewandel

17. Juli 2005

830 Millionen Menschen - 13 Prozent der Weltbevölkerung - drängen sich auf einem Kontinent, der ein Drittel der weltweiten Mineralvorkommen, aber nur zwei Prozent des Welthandels auf sich vereint. Doch es tut sich was.

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Südafrika: die "Autowerkstatt" eines ganzen KontinentsBild: africa photo


Während sich die Europäer häufig noch von Afrikas Risikopotenzial abschrecken lassen, haben andere Regionen den Kontinent längst als langfristigen Absatzmarkt entdeckt. Vor allem Indien, Malaysia oder Brasilien rechnen sich gute Chancen für wirtschaftliche Kooperationen aus. Selbst in maroden Staaten wie Simbabwe machen sie zunehmend Geschäfte. Auch Südafrika plant dort bereits für die Zeit nach dem Ende der "Ära Mugabe". Viele Direktinvestitionen in Afrika stammen von heute im Ausland notierten Konzernen, die ihre Wurzeln am Kap haben."Wir sehen Chancen, wo andere nur Risiken sehen", meint der Leiter der Southern-Sun-Hotelgruppe, Helder Pereira. Mit rund 80 Hotels aller Preis- und Leistungsklassen ist Südafrikas größte Hotelkette ohnehin längst nicht mehr nur in Afrika aktiv.

Feldarbeit
Frauen bei der Feldarbeit in Chegutu, SimbabweBild: UNESCO

Leistungsstarker Hoffnungsträger im Süden

Edelmetalle, Wein, Tourismus, Agrar- und Finanzprodukte: Südafrika wächst und durchdringt mit seinen Unternehmen wirtschaftlich und politisch den Kontinent. Ob Supermarkt-Ketten, Finanzinstitute oder Telekom-Anbieter, Fluggesellschaften oder Bergwerk-Unternehmen: Zwischen Angola und Zentralafrikanischer Republik erwerben südafrikanische Investoren seit Jahren Anteile an maroden Unternehmen oder bauen neue auf. So werden zum Beispiel knapp 85 Prozent aller in Afrika produzierten Autos in Südafrika gebaut.

Skyline von Johannesburg Südafrika
Skyline von Johannesburg, SüdafrikaBild: Illuscope

Konzerne wie Sanlam (Versicherungen), SABMiller (Brauerei) oder Imperial (Logistik) wagen von dort den Sprung in die Welt. Die Republik Südafrika, die nach der demokratischen Wende 1994 ihre längste wirtschaftliche Wachstumsphase seit Ende des Zweiten Weltkriegs erlebt, vereint fast die Hälfte der Kaufkraft des Kontinents auf sich. Das lange blockierte Kapital vom Kap fließt ins Ausland: Fast 150 Milliarden (18,8 Mrd Euro) der auf eine Billion Rand (125 Mrd Euro) geschätzten südafrikanischen Sparguthaben werden nach Erkenntnissen von Investmentfirmen im Ausland angelegt.

Porsche in Südafrika
Porsche in SüdafrikaBild: porsche

Auch Krisenregionen kommen langsam voran

Neben dem durch Diamanten reich gewordenen Nachbarland Botswana - dem internationale Kreditagenturen Bestnoten bescheinigen - oder Mosambik mit bescheidenem, aber nachhaltigem Wirtschaftswachstum gilt Angola als aufgehender Stern des südlichen Afrika. Amerikaner, Skandinavier, Franzosen, Italiener, Brasilianer und Südafrikaner zeigen dort seit langem Flagge - nach Nigeria ist es das zweitgrößte Ölförderland Schwarzafrikas. Trotz weiter anhaltendem Chaos nach 27 Jahren Bürgerkrieg stehen die Zeichen in der Region auf Wandel.

Diamantenmine in Kongo
Diamantenmine im KongoBild: AP
Mann in Ruanda
Alexis RuzibukiraBild: DW/Christine Harjes

Das ostafrikanische Ruanda biete den Investoren hoch gebildete Arbeitskräfte und kurze Wege zu internationalen Märkten, sagt Alexis Ruzibukira von der ruandischen Investmentagentur RIPA. Besonders in der Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten und bei der Nutzung von Metangas sieht er viel Potenzial für ausländische Investoren. Auch mittelständische Handwerker hätten in Ruanda Chancen auf gute Geschäfte, sagt Ruzibukira. Briten, Amerikaner, Belgier und Norweger investierten bereits kräfigt in dem Land. Deutsche Investoren hielten sich allerdings noch zurück. "Die Medien sind nicht interessiert, weil Ruanda so klein ist", sagt er. Deutsche seien eher an Investitionen in Osteuropa interessiert. Er selbst hat in Deutschland Betriebswirtschaftslehre studiert und ist vor kurzem nach Ruanda zurückgekehrt, um etwas für sein Land zu tun, wie er sagt. Die Agentur RIPA berät Investoren bei der Erstellung von Geschäftsplänen, stellt Kontakte zu einheimischen Geschäftsleuten her und hilft bei Formalitäten von der Visumsbeschaffung bis zur Häusersuche.

Schild in Ruanda
Investmentagentur RIPABild: DW

Süd-Nord-Gefälle abarbeiten

Generell mehr Handel mit Afrika fordert EU-Kommissar Mandelsohn - nur so könne die Krise Afrikas überwunden werden. "Der einzige nachhaltige Weg aus Armut ist Handel", sagte der Brite kürzlich in einem Zeitungsinterview. Die EU sei "schon jetzt der offenste Markt der Welt für Entwicklungsländer". 33 der ärmsten Länder in Afrika hätten zollfreien Zugang. Nur könnten sie ihn oft nicht nutzen: Die Volkswirtschaften seien nicht diversifiziert genug und die Infrastruktur reiche nicht aus. Die EU werde deshalb unter anderem eigene Subventionen für Agrarexporte streichen. "Es wäre schön, wenn die USA und Japan unserem Vorschlag zum Abbau der Exportsubventionen folgten", fordert Mandelsohn. Auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan fordert, dass die Handelsschranken für Afrika aufgehoben und die Agrarsubventionen in den Industriestaaten abgeschafft werden.

Auch Afrika selbst will endlich einen Schlussstrich unter die miserable Vergangenheit ziehen. Trotz Konflikten im Sudan oder im Kongo, trotz weiter grassierender Aids-Epidemie und Massenarmut rührt sich ein neuer Geist. Afrika als moralische Katastrophe, als Krisenregion und Konfliktkontinent - solche Bilder soll es nach dem Willen der Pioniere bei der afrikanischen Erneuerungsbewegung nicht mehr geben. "Es gibt heute Politiker, die ihre Aufmerksamkeit nicht mehr so sehr ihren Kontoauszügen aus Zürich, sondern dem Leben ihrer Völker widmen", meint der Ex-Gewerkschaftsführer und heute schwerreiche südafrikanische Geschäftsmann Cyril Ramaphosa. (arn/ch)