AU: Kein Geld für Frieden
7. Juli 2017Die andauernden Krisenherde auf dem afrikanischen Kontinent erfordern jahrelange Friedensmissionen der Vereinten Nationen (UN) und auch der Afrikanischen Union (AU). Mehr als 100.000 Blauhelm-Soldaten waren 2015 in afrikanischen Ländern stationiert. Das sind mehr als vor zehn Jahren. Zu den Brennpunkten zählen Somalia, das sudanesische Darfur, Südsudan und Mali. Dort herrschen Bürgerkriege und Aufstände, die ganze Regionen in unsichere Gebiete verwandeln. Die entsandten Truppen sollen Frieden sichern, die Bevölkerung schützen und für mehr Stabilität sorgen. Aber die Realität zeigt: Die Friedensmissionen sind extrem schwierig. Für die Afrikanische Union kommt ein weiteres großes Problem dazu - es mangelt an den Finanzen für effektive Einsätze.
AU-Einsätze extrem schwierig
"Beide Organisationen haben ähnliche Schwierigkeiten bei ihren Missionen", sagt Annette Weber, Mitarbeiterin der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik im DW-Interview. "Aber bei der AU spielen die Finanzen schon eine große Rolle, denn sie zahlen ihre Einsätze nicht allein." Die AU ist auf Gelder der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der USA angewiesen. Nur 2,3 Prozent des AU-Budgets für Truppeneinsätze kommt von den afrikanischen Mitgliedsstaaten selbst. Die UN dagegen haben ein großes, regelmäßiges Budget und mehr Truppen, die weltweit tätig sind.
Außerdem seien die Entscheidungsstrukturen des UN-Sicherheitsrates anders als die politischen Überlegungen und Abstimmungsprozesse bei der AU, fügt Weber hinzu. "Die Infrastruktur und Logistik, die teuren Einsätze, kompatible Ausrüstungen - das sind alles große Herausforderungen." Bei der wegen mangelnder Effizienz umstrittenen AU-Mission AMISOM in Somalia etwa gebe es einen Konflikt in der Kommandostruktur, wenn Soldaten aus verschiedenen afrikanischen Ländern dem Einsatzland nicht neutral gegenüber stünden. Die AU hat drei große Friedensmissionen: In Somalia sind 22.000 Soldaten stationiert; im sudanesischen Darfur unterhält die AU gemeinsam mit der UN die Hybridmission UNAMID mit rund 14.000 Soldaten und in Burundi ist eine Beobachtermission der AU mit 55 Personen vor Ort.
Afrika will zahlen
Die Afrikanische Union will aber mehr Verantwortung übernehmen und damit ihre Abhängigkeit von internationalen Gebern reduzieren. So hatten einige afrikanische Präsidenten angekündigt, 25 Prozent der Kosten für Friedenseinsätze künftig selbst tragen zu wollen. Dafür soll eine Abgabe in Höhe von 0,2 Prozent auf ausgewählte Importwaren entrichtet werden. Das wären 400 Millionen US-Dollar bis zum Jahr 2020, um eigene Operationen zu finanzieren, rechnet Annette Leijenaar vom südafrikanischen Institut für Sicherheitsstudien (ISS) vor. Doch sie glaubt nicht, dass das Geld zusammenkommt.
Der Grund: Von den 54 Mitgliedsstaaten hätten im Mai dieses Jahres nur 14 diese Abgabe entrichtet. "Allein der Einsatz in Somalia kostet aber schon 900 Millionen US-Dollar pro Jahr. Die 75 Prozent, die zur Finanzierung aller Einsätze nötig sind, bleiben also für die UN bestehen", sagt Leijenaar im DW-Gespräch.
Erschwerend komme dazu, dass die UN kürzlich ihren Etat für Friedenssicherung um 600 Millionen US-Dollar gekürzt haben - weil die neue US-Regierung unter Präsident Trump weniger zahlen will. Das werde zur Reduzierung des Langzeit-Einsatzes in Sudans Darfur-Region führen, so Leijenaar vom ISS. "Die größte Schwierigkeit ist, dass die Finanzierung nicht vorhersehbar ist. Die AU ist nicht sicher, welcher Betrag seitens der UN oder anderer Partner fließen wird, das betrifft auch AMISOM." Der größte Partner für den AU-Einsatz in Somalia sind die USA.
Zu hohe Ziele
Die angekündigten 25 Prozent Eigenfinanzierung der AU-Truppen seien lediglich eine Geste der afrikanischen Staatschefs, um der Welt politischen Willen zu zeigen, sagt Leijenaar. Doch dieser politische Wille sei nicht groß genug. Der neue AU-Vorsitzende Moussa Faki Mahamat hat zwar bei seinem Amtsantritt im Januar 2017 einen Schwerpunkt auf Sicherheitsfragen gelegt und die Staatengemeinschaft erst kürzlich beim AU-Gipfel aufgefordert, aber "wenn man die Zahl der fragilen Staaten anschaut, wie arm sie sind, dann kann ich nicht voraussehen, dass sie die geforderte Abgabe an die AU zahlen können", so die Expertin.
Auf die Finanzierungsfrage der AU-Truppen sieht auch Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik keine einfache Antwort. Den Ansatz "afrikanische Lösungen für afrikanische Konflikte" könne man deswegen aber nicht vom Tisch fegen. "Die Regionalorganisationen der AU sind bei den politischen Missionen und Gesprächen zur Konfliktprävention - also nicht den rein militärischen Einsätzen - gar nicht so schlecht aufgestellt." Laut Weber konnten die Initiativen der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) und der Zusammenschluss von sieben Staaten am Horn von Afrika (IGAD) in den letzten Jahren auch Erfolge verbuchen.