Afrikaner klagen an - in Den Haag
4. Juli 2005Kongo klagt Ruanda an, die Souveränität des Landes verletzt zu haben, wie sie von den Vereinten Nationen und der Charta der Afrikanischen Union garantiert wird. Im Mai 2002 leitete Kongo den Prozess ein. Am Montag beginnt nun in Den Haag die Anhörung des Internationalen Gerichtshofs (4.-8.7.).
Rückblick
Milizen und aufgestachelte Hutu ermordeten 1994 in nur 100 Tagen rund 800.000 Menschen, meist Tutsi, aber auch moderate Hutu. Tutsi-Rebellen der Ruandischen Patriotischen Front unter dem heutigen Präsidenten Paul Kagame beendeten den Völkermord.
Doch der Krieg ging weiter: Das Militärregime der Hutu floh im Juli 1994 in die Demokratische Republik Kongo - und setzte die Kämpfe gegen die Tutsi-Armee aus Ruanda dort fort. 1996 marschierten die Ruander mit dem späteren kongelesischen Diktator Laurent-Desire Kabila in den Kongo ein, um dessen Präsidenten, Mobutu Sese Seko, zu stürzen. 1998 erfolgte eine zweite Invasion mit demselben Ziel.
Kämpfe dauern an
Elf Jahre nach dem Genozid in Ruanda halten sich noch viele Täter im Ausland auf. Der harte Kern der Hutu-Extremisten, der weiterhin im Kongo sein Unwesen treibt, dient der Tutsi-Regierung in Ruanda als ständiger Vorwand, in Kongo militärisch zu intervenieren.
Die Afrikanische Union hat angekündigt, zur Entwaffnung der Rebellen eine Eingreiftruppe in die Region zu schicken. Einen Termin nannte sie nicht - für einen effektiven Einsatz mangelt es der Union an finanziellen Mitteln.
Ausland bietet immer weniger Schutz
Die mutmaßlichen Verbrecher können sich im Ausland immer seltener in Sicherheit wiegen: So wurden in Belgien vergangene Woche zwei Geschäftsleute aus Ruanda, die am Völkermord beteiligt waren, zu zwölf und zehn Jahren Haft verurteilt.
Einem Strafgericht in Brüssel zufolge waren die beiden Halbbrüder in mehrere Massaker verwickelt, bei denen im April 1994 rund 50.000 Tutsi und gemäßigte Hutu ums Leben kamen.
Kläger wird selbst angeklagt
Während die Demokratische Republik Kongo das Nachbarland an den Pranger stellt, gerät es selber immer wieder in die Schlagzeilen: Am 30. Juni 2005 kamen mehrere Menschen ums Leben, die gegen die Verschiebung der geplanten Wahlen um mindestens sechs Monate protestiert hatten. Es sollten die ersten freien Wahlen seit 40 Jahren werden.
Die Wahlen galten als Kernstück des Friedensvertrags von 2003, der den fünfjährigen Bürgerkrieg offziell beendete. Er gilt mit etwa 3,5 Millionen Toten als blutigster Bürgerkrieg Afrikas. Seit dem Waffenstillstand herrscht eine Übergangsregierung unter Präsident Joseph Kabila, dem Sohn des einstigen Diktators Laurent-Desire.
Der Weltsicherheitsrat in New York appellierte an die streitenden Parteien, alles zu unterlassen, was den Prozess zu freien Wahlen und der Verabschiedung einer Verfassung stören könnte.