Kohlekraft contra Klimaschutz
30. März 2021Stromausfälle sind in Südafrika nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Früher meist nur im kalten Winter, heute gehen auch schon mal im Sommer oft ganz plötzlich die Lichter aus. Denn das Stromnetz und die Kraftwerke sind veraltet, der Bedarf gestiegen.
Wie Südafrika – wo rund 90 Prozent der Energie aus Kohle stammen- setzen auch andere afrikanische Länder auf den Abbau dieses Rohstoffes. Botswana, Tansania und Mosambik gehören zu den führenden Ländern.
Kohleabbau: Geld anstatt Lektionen
"Energiearmut ist eine große Sorge in den Entwicklungsländern", sagt NJ Ayuk, Vorsitzender der African Energy Chamber, in der sich vor allem Privatfirmen aus dem Energiesektor zusammengeschlossen haben. So manches Mal zögen die Entscheidungen, das Versorgungsdefizit zu verringern, große Investitionen im Kohlesektor mit sich. Die Gründe lägen auf der Hand: "Manche Länder besitzen Kohlevorkommen im Überfluss, ihre Nutzung ist effizient, praktisch und die Logistik bereits vorhanden – es gibt kein Mangel an Infrastruktur wie bei den grünen Energien", so Ayuk zur DW.
Hilfe kommt aus Ländern wie China, Russland oder Frankreich. "Diese Staaten liefern oft die Finanzen und Technik und es macht für sie Sinn, in bereits vorhandene Ressourcen einzusteigen und die Wirtschaft aufzubauen", sagt Ayuk. "Im Vergleich dazu liefern G-8 oder G-20-Länder Aufträge und Lektionen. Die meisten afrikanischen Länder fühlen, dass diese entwickelten Länder nicht wirklich mit ihnen reden."
Gas – eine Alternative zu Kohle
Laut Ayuk gibt es auch eine Alternative zur Kohle: "Gas ist sauberer als Kohle und könnte für Kraftwerke genutzt werden, während wir uns auf die Nutzung von erneuerbaren Energien vorbereiten." Denn auch das gibt es in Afrika bereits. Ayuk verweist etwa auf neu entdeckte Gasvorkommen in Mosambik, Tansania, Ghana, Nigeria oder Senegal.
Doch welche Auswirkungen hätten zusätzliche Kohlekraftwerke in Afrika? Keine großen, glaubt Stephen Karekezi, Vorsitzender der Nichtregierungsorganisation Africa Energy Policy Research in Kenia. "Viele Pläne für neue Kohlekraftwerke sind noch gar nicht umgesetzt worden. Und selbst wenn sie ans Netz gingen, wäre der Ausstoß kaum wahrnehmbar", sagt Karekezi im DW-Interview. Laut Karekezi tragen die rund eine Milliarde Menschen auf dem Kontinent bisher nur zu einem bis 1,8 Prozent der globalen Treibhaus-Emissionen bei.
Laut Karekezi produzieren derzeit 34 Kohlekraftwerke insgesamt etwa 53 Gigawatt und liefern damit ein Drittel der benötigten Elektrizität auf dem Kontinent. 19 dieser Kraftwerke stehen in Südafrika.
Laut der Website Global Coal Plant Tracker sind in Afrika derzeit 25 neue Kohlekraftwerke geplant. Die Organisation Energy for Growth Hub hat die Projekte genauer untersucht. Ihr Ergebnis: Nur ein kleines Werk im Niger mit einer Kapauität von rund 100 Megawatt soll bald fertig gebaut werden. Neun weitere Projekte könnten perspektivisch ans Netz gehen, doch der Bau hat noch nicht begonnen.
Kosten für grüne Energiequellen gesunken
Und die restlichen 14 sind entweder schon gestrichen oder werden wahrscheinlich nicht vollendet werden. Darunter auch das geplante Kohlekraftwerk nahe der kenianischen Küstenstadt Lamu, einem UNESCO-Weltnaturerbe. Dem von China unterstützten Projekt ist die Lizenz entzogen worden, nachdem Umweltschützer geklagt hatte.
Für die Umweltschutzorganisation Greenpeace gibt es keinen Grund, warum afrikanische Länder in Kohlekraftwerke investieren sollten. "Die Auswirkungen sind immens. Wir spüren es in Südafrika: Bei der Kohleverbrennung entstehen giftige Stoffe wie Kohlendioxid, der saure Regen verändert unser Grundwasser – alles Gefahren für Umwelt und Gesundheit", sagt Nhlanhla Sibisi, Klima- und Energieexperte im DW-Interview.
Der Kontinent besitze ein vielfältiges Potential an erneuerbaren Energien wie Wind, Sonne und geothermischen Quellen. "Die Kosten für Solartechnik können nicht mehr als Faktor zählen, denn sie sind stark gesunken."
Ein Beispiel: Kenia beziehe 25 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbarer Energien, dieser Ansatz könne gesteigert werden. Sibisi: "Regierungen müssen einen Wechsel hin zu den Erneuerbaren vollziehen, und zwar durch bessere Umsetzung relevanter Politik und Gesetzgebung. Nur so kann eine Klimakrise verhindert werden."