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Afrika-Cup: Sierra Leone genießt den Moment

Jonathan Harding
20. Januar 2022

Zum ersten Mal seit 1996 nimmt Sierra Leone wieder am Afrika-Cup teil - und trotzt damit den Widrigkeiten vieler Jahre. Das Turnier beginnt für das westafrikanische Land furios.

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Musa Noah Kamara (2.v.l.) wird nach seinem Tor gegen die Elfenbeinküste von den Emotionen gepackt
Der Erfolg von Sierra Leone bei diesem Turnier ist eine unglaubliche GeschichteBild: CHARLY TRIBALLEAU/AFP/Getty Images

Der Afrika-Cup ist ein Turnier, das immer besondere Geschichten schreibt. Dieses Mal ist die von Sierra Leone die vielleicht bemerkenswerteste von allen. Oft war das Team aus Westafrika nah dran an der erfolgreichen Qualifikation für das Turnier, doch letztlich klappte es mit der Teilnahme dann doch nicht.

"2013 sind sie nur noch ein Spiel entfernt. Im Jahr 2015 ist es wegen Ebola unmöglich, 2017 erholen sie sich endlich von der Ebola-Epidemie, scheitern aber erneut knapp. Und 2019 wurden sie wegen einer FIFA-Sperre disqualifiziert", fasst Tom Legg, ehemaliger Leiter der Leistungsabteilung von Sierra Leone, die vergangenen Jahre gegenüber der DW zusammen. "Tatsächlich, Sierra Leone ist in den letzten 15 Jahren das 'Beinahe-Team' des afrikanischen Fußballs", sagt er.

Jetzt ist Sierra Leone dabei und lässt aufhorchen: Nach dem überraschenden torlosen Remis gegen Algerien, bei dem Torhüter Mohamed Kamara zum Mann des Spiels gewählt wurde, schafften die "Leone Stars", wie das Nationalteam genannt wird, gegen einen weiteren Turnierfavoriten, die Elfenbeinküste, das zweite Unentschieden. Das Team von Kamara holte dabei zweimal einen Rückstand auf und der Keeper war erneut der Held, als er in der ersten Halbzeit einen Elfmeter von Franck Kessie parierte. Erst in der 93. Minute gelang Sierra Leone mit einem der dramatischsten Tore des bisherigen Turniers der zweite Ausgleich in der Partie zum 2:2-Endstand.

"Es ist großartig, sie als Menschen zu kennen und Zeit mit ihnen verbracht zu haben, um zu sehen, was sie im Moment in Kamerun erreichen", sagte Legg über die Spieler, mit denen er zum Teil selbst noch gearbeitet hat. "Ich freue mich für sie."

Historie voller Herausforderungen

Sierra Leone ist eine Mannschaft, deren Stärke eher auf kollektiver Geschlossenheit als auf individuellen Fähigkeiten beruht. Seit 1996 hatte sich das Team nicht mehr für den Afrika-Cup qualifizieren können. Bürgerkrieg, Ebola und Überschwemmungen haben dem Land arg zu schaffen gemacht, für die Entwicklung des nationalen Fußballs blieb lange Jahre kein Raum. "In Sierra Leone scheint es immer etwas zu geben, das die Spieler, die Mannschaft, daran hindert, das zu erreichen, was sie erreichen könnten", bedauert Legg gegenüber der DW.

"Das gravierendste Beispiel seit den 2000er Jahren war der Ebola-Ausbruch in Westafrika. Sofort entstand eine humanitäre und medizinische Krise, die es für die Spieler sehr schwierig machte, zu reisen", erinnert sich Legg. "Plötzlich mussten wir Spiele außerhalb von Freetown, weit entfernt von der Heimat, austragen. Schon nach europäischem Verständnis ist es eine Herausforderung, wenn man nicht zu Hause spielt, aber in Afrika schwächt das aufgrund der logistischen Herausforderungen die Position der Mannschaft immens."

Legg ist davon überzeugt, dass die Generation 2012, mit der er gearbeitet hat, den Afrika-Cup und vielleicht sogar auch die WM-Qualifikation erreicht hätte, wenn nicht Umstände eingetreten wären, auf die sie keinen Einfluss hatte. Schließlich war Sierra Leone Mitte 2014 in der FIFA-Rangliste um 21 Plätze auf Rang 50 nach oben geklettert und hatte damit den höchsten Rang erreicht, den das Land je inne hatte. 

Später Lohn für gestandene Spieler

Aktuell wird Sierra Leone auf Platz 108 der Weltrangliste geführt. Die Mannschaft erreichte nach einer Niederlage gegen den Überraschungsqualifikanten Komoren das diesjährige Turnier. Der harte Kern der Generation, die über Jahre nie eine wirkliche Chance hatte, führt Sierra Leone jetzt in Kamerun an: Der 34-jährige Kapitän Umaru Bangura, John Kamara (33 Jahre), Kei Kamara (37) und der mögliche Nachfolger als Kapitän, Kwame Quee (25), sind das Herzstück der Mannschaft.

"Der derzeitige Cheftrainer John Keister beweist, wie zuvor John McKinstry, als wir noch im Stab waren, dass man es mit Stabilität und Ruhe schafft, die großen individuellen Talente in Sierra Leone kollektiv zusammenzubringen und damit den Rahmen erhält, auf dem höchsten Niveau des afrikanischen Fußballs zu spielen", analysiert der ehemalige Leiter der Leistungsabteilung von Sierra Leone, Tom Legg.

Für eine Nation, die in den letzten Jahren so viele Möglichkeiten liegen lassen musste, ist dies eine besondere Zeit. Die Jubelszenen auf den Straßen von Sierra Leones Hauptstadt Freetown nach dem erkämpften 2:2 gegen die Elfenbeinküste im letzten Spiel sprechen Bände. Sie zeigen, wie viel es einer Nation bedeutet, die lange Zeit das Gefühl hatte, ihre Chance würde nie kommen.

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.