Gewalt nach Pause bei Friedensgesprächen
13. Dezember 2020Nach der beidseitigen Ankündigung, die Friedensgespräche zwischen der Regierung in Kabul und den radikalislamischen Taliban auszusetzen, haben sich in Afghanistan mehrere tödliche Gewaltakte ereignet.
Viele tote Taliban-Kämpfer
Rund um ihre Hochburg Kandahar griffen Taliban-Kämpfer mehrere Checkpoints der afghanischen Sicherheitskräfte an. "Die Sicherheitskräfte haben die Attacke abgewehrt und dabei 51 Terroristen getötet und neun verletzt", erklärte das Verteidigungsministerium. Angaben zu möglichen Opfern in den eigenen Reihen wurden nicht gemacht. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete von stundenlangen nächtlichen Kämpfen, bei denen immer wieder Schusssalven und schweres Bombardement zu hören gewesen seien.
Die südafghanische Provinz Kandahar und die gleichnamige Provinzhauptstadt gelten als Wiege der Taliban-Gruppierung. Seit einigen Tagen rücken Milizionäre auf die Stadt vor. Erst im September hatten Taliban-Kämpfer eine ähnliche Offensive in der Nachbarprovinz Helmand gestartet und damit Zehntausende Anwohner in die Flucht getrieben.
Anschläge in Kabul
In der Hauptstadt Kabul ereigneten sich mehrere Anschläge mit insgesamt mindestens drei Todesopfern. Der lokalen Polizei zufolge detonierte im Norden der Stadt eine Autobombe an einem gepanzerten Fahrzeug. Dabei wurden zwei Menschen getötet und mindestens zwei weitere verletzt. In einem östlichen Viertel wurde ein Staatsanwalt auf seinem Weg zur Arbeit erschossen.
Zu beiden Attacken bekannte sich bislang niemand. Zuletzt hatte die IS-Miliz mehrere Anschläge mit rund 50 Todesopfern in Kabul verübt, darunter viele Studierende. Für einem Mörserbeschuss mit mindestens einem zivilen Todesopfer am Samstag übernahm der sogenannte "Islamische Staat" hingegen die Verantwortung. Über ihr Sprachrohr Amaq verbreitete die Organisation zudem eine Meldung, wonach ihre Kämpfer zehn Katjuscha-Raketen auf den internationalen Flughafen von Kabul abgefeuert haben.
Pause für Friedensverhandlungen
In seinem 20. Jahr scheint der Afghanistan-Konflikt noch immer weit von einer Lösung entfernt: In den vergangenen Monaten hatte die Gewalt in dem fragilen Land im Süden Zentralasiens weiter zugenommen. Unklar ist, wie es weitergeht, wenn die dort stationierten US-Streitkräfte einen vom scheidenden Präsidenten Trump angeordneten Abzug umsetzen.
Seit September sitzen sich die afghanische Regierung und Vertreter der Taliban erstmals in direkten Friedensverhandlungen in Doha gegenüber. Beide Seiten gaben nun bekannt, die Gespräche für mehrere Wochen zu suspendieren und am 5. Januar wieder aufzunehmen. Bekanntgaben auf Twitter zufolge tauschten sie zunächst "vorläufige Listen über Tagesordnungspunkte für die Gespräche" aus. Ein Berater des Nationalen Sicherheitsrats forderte in diesem Zusammenhang, die Verhandlungen von Katar nach Afghanistan zu verlegen.
ehl/sti (afp, ap)