Afghaninnen umgehen mit Farmen das Berufsverbot der Taliban
29. August 2023Zahra Arefi war zehn Jahre lang angestellt. Die Politikwissenschaftlerin aus der Provinz Daikundi in Zentralafghanistan arbeitete zunächst drei Jahre als Lehrerin. Später fand sie eine Anstellung bei den Behörden in der Hauptstadt ihrer Provinz. Nach der Machtübernahme der Taliban wurde sie nach Hause geschickt - so wie alle anderen weiblichen Angestellten. Dies veränderte ihr Leben schlagartig. Sie verlor nicht nur ihre finanzielle Unabhängigkeit und musste für jede Kleinigkeit um Geld von ihrer Familie bitten. Nach Jahren des Studiums und der Arbeit hatte sie plötzlich nichts mehr zu tun. "Das ist kaum auszuhalten", erzählt Zahra im Gespräch mit der DW. "Ich suchte nach einer erfüllenden und wirtschaftlichen Beschäftigung. Zu Hause zu sitzen und nichts zu tun zu haben, war frustrierend."
Zahra Optionen waren eng begrenzt. In den letzten zwei Jahren haben die Taliban eine Reihe von Verboten erlassen, um Frauen aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen und ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken.
Unterstützt von ihrer Familie traf Zahra eine mutige Entscheidung: "Mit Hilfe meiner Familie gründete ich eine kleine Hühnerfarm auf unserem Hof." Sie lieh sich Geld von Bekannten, um 200 Legehennen und eine Brutmaschine zu kaufen. Anschließend begann sie mit ihrer Arbeit. Innerhalb eines Jahres wuchs ihre Farm von 200 auf über 1000 Hühner an. Im Gespräch mit der DW fügt sie hinzu: "Ich bin zufrieden mit meiner Arbeit und ermutige andere Frauen, eine Beschäftigung zu finden, die derzeit auf dem Markt gefragt ist, um wirtschaftlich aktiv zu bleiben."
Eier und Gemüse ermöglichen Überleben in der Wirtschaftskrise
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, anhaltende Dürren, die Machtübernahme der Taliban sowie darauffolgende Sanktionen haben Afghanistan in eine schwere sozio-ökonomische Krise gestürzt. Laut den Vereinten Nationen leben 97 Prozent der afghanischen Bevölkerung in Armut. Eier und Gemüse gehören zu den wenigen Lebensmitteln, die Menschen sich noch leisten können.
"Meine jüngere Schwester und ich haben mit Unterstützung der Aga-Khan-Stiftung zu Hause ein Gewächshaus gebaut," erzählt die 19-jährige Fatimeh aus der Provinz Bamyan. Fatemeh hatte letztes Jahr die zwölfte Klasse abgeschlossen und wollte studieren, als die Taliban die Hochschulbildung für Mädchen und Frauen untersagten. Sie wandte sich an die Aga-Khan-Stiftung, eine der letzten aktiven Hilfsorganisatioen in Afghanistan, und bat um Hilfe. Große finanzielle Mittel waren nicht erforderlich. "Wir haben ein Gewächshaus mit den Maßen 20 mal 6 Meter geschaffen und ernten jetzt dreimal im Jahr verschiedene Gemüsesorten. Das unterstützt unsere Familie finanziell enorm."
Laut den Behörden der Taliban wurden allein in der Provinz Bamiyan im letzten Jahr von Frauen über 100 Gewächshäuser errichtet, um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Aus Sicht von Experten wie Dawlat Shah Puish, Professor für Landwirtschaft an der Universität Bamyan, hat diese Arbeit auch weitere Vorteile: "Viele Menschen haben keinen Zugang zu frischem Gemüse. Die Errichtung dieser Gewächshäuser ermöglicht vielen Familien eine vielfältigere Ernährung und Lebensmittelsicherheit. Gleichzeitig stärkt diese Arbeit die Frauen und Mädchen, die in den Gewächshäusern arbeiten, mental und vermittelt ihnen inmitten der aktuellen Umstände eine gewisse innere Ruhe."
Taliban verkünden weitere Verbote gegen Frauen
Fatemeh und ihre beiden Schwestern sind froh, dass sie durch ihre Arbeit zur finanziellen Unterstützung ihrer Familie beitragen können. Alle drei haben den Wunsch, sobald es möglich ist, ihre Bildung fortzusetzen und irgendwann zu studieren.
Wann das passieren könnte, ist ungewiss. Denn unter der Herrschaft der Taliban wird das Leben für Frauen zunehmend schwieriger. Kürzlich haben sie sogar Frauen verboten, den Nationalpark Band-e-Amir zu besuchen, eines der bekanntesten Erholungsgebiete des Landes. Am Sonntag, dem 27. August, begründete das Ministerium für die Verbreitung der Tugend das Verbot damit, dass Frauen im Band-e-Amir-Park in der Provinz Bamiyan das vorgeschriebene Kopftuch, den Hidschab, nicht angemessen getragen hätten.
Scheich Muhammad Khalid Hanafi, der amtierende Minister der Taliban für die Förderung der Tugend und die Verhinderung von Lastern, betonte: "Der Hidschab ist für Frauen eine Pflicht. Der Besuch solcher Orte ist nicht verpflichtend." Weiter erklärte er: "Frauen dürfen Band-e-Amir nicht besuchen, bis wir eine Lösung gefunden haben."
Mit derselben Begründung hatten die Taliban zuvor bereits Schülerinnen und Studentinnen den Besuch von weiterführenden Schulen und Universitäten untersagt.