Ach ja, Afrika …
3. Juli 2005Erst in letzter Minute war den Organisatoren überhaupt eingefallen, dass die Betroffenen selbst ja musikalisch gar nicht präsent waren beim Protest gegen die Armut in Afrika. Das auf die Schnelle noch auf die Beine gestellte Konzert in Johannesburg wurde von allen Beteiligten zwar als Erfolg gewertet, doch weltweit fand es eher im Windschatten der Weltstars statt.
Fair trade?
Zwar wiegten sich beim sonnigen Winterwetter der südlichen Hemisphäre die erwarteten 40.000 Zuschauer auf dem Mary-Fitzgerald-Square schon bald im Takt, doch das Geschehen in den Kapitalen der G8-Staaten absorbierte das Weltinteresse. In Afrika selbst sahen nur die TV-Zuschauer Reggae-Star Lucky Dube mit wippenden Rasta-Locken vor der Kamera hüpfen, die über Satellitenempfang verfügen. Die Ärmsten der Armen, um die es beim weltweiten Musikprotest ging, blieben außen vor. Selbst in Europa dürfte der Hüftschwung der ebenso betagten wie agilen Mahotella-Queens, die farbenfroh und dynamisch über die Bühne fegten, ebenso unbemerkt geblieben sein wie der faszinierende Afro-kubanische Stil-Mix des Orchestra Baobab.
Die fairen Handelsbedingungen, die Südafrikas Nationalheld und Ex-Präsident Nelson Mandela in seiner Grußbotschaft anmahnte, sind auch im Kulturbereich bisher nicht gegeben. Noch immer führt der Weg zu internationalem Starruhm für afrikanische Musiker über die Kapitalen der einstigen Kolonialmächte in Paris, London oder Brüssel. Wer international hoch hinaus will, hat in Afrika nur wenig Chancen - egal ob im Musik- oder Filmgeschäft, wo sich der Kontinent bereits seiner eigenen Erfolgsgeschichten beraubt fühlt. Von drei Filmen, die die Aufarbeitung der Apartheidszeit in den Wahrheitskommissionen Südafrikas thematisieren, war nur einer eine nationale Produktion.
"Afrika ist noch lange nicht frei"
Für lokale Talente gab es bei den anderen beiden keinen Platz: Regisseure und Titelhelden wie Juliette Binoche, Hillary Swank oder Samuel L. Jackson stammten aus dem Ausland. "Afrika ist noch lange nicht frei", schimpfte Südafrikas Musik-Star Zola ins Mikrofon, und sprach von ökonomischer Unterdrückung. Der zornige Kwaito-Sänger mit dem typischen Sporty-Hut auf dem Kopf, der das Lebensgefühl der Bevölkerung in den schwarzen Vorstädten verkörpert, beschreibt in seinem hämmernden, rhythmischen Sprechgesang den Alltag der Armut.
Was er mit Großbritanniens Premierminister Tony Blair machen würde, wenn der käme? "Ich würde ihn ins Auto setzen und ihm in Soweto ... oder Mosambik die Armut zeigen", meinte er, bevor er mit dem Satz "Aluta continua" (Der Kampf geht weiter) die Bühne verließ. (dpa/wga)