Abstimmung im Senat - Rousseff vor dem Aus
30. August 2016Vor der Kongresskammer in Brasilia warf die Vertreterin der Anklage, die Jura-Professorin Janaina Paschoal, der Staatschefin eine Verletzung ihrer Amtspflichten vor. Sie habe die Haushaltszahlen massiv geschönt.
Rousseff spricht von "Staatsstreich"
Nach einer Verteidigungsrede für Dilma Rousseff hatten die Senatoren jeweils zehn Minuten Zeit, um ihre Argumente vorzubringen. Spätestens am Mittwoch befindet der Senat in Brasília dann über die endgültige Absetzung der Präsidentin, die zunächst für 180 Tage suspendiert worden war.
Ein Votum gegen Rousseff gilt als so gut wie sicher und dies bereits seit langem. Dennoch gab es Gegenwehr: Noch am Montag hatte die 68-Jährige das Amtsenthebungsverfahren in einer kämpferischen Rede erneut als "Staatsstreich" gebrandmarkt. Eine "Allianz von Putschisten" sei am Werk.
In São Paulo protestierten Rousseff-Anhänger auch am Dienstag mit Straßenblockaden gegen die drohende Absetzung der Staatschefin. Schon am Montag waren Unterstützer der Präsidentin in mehreren Städten auf die Straße gegangen.
Ein Aus auch für die Arbeiterpartei
Wird Rousseff abgesetzt, tritt ihr ehemaliger Verbündeter und jetziger Erzfeind, Vizepräsident Michel Temer, ihre Nachfolge an, der bereits seit Mai als Übergangsstaatschef amtiert. Temer ist in der brasilianischen Bevölkerung unbeliebt. Auch seine ultrakonservative Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) wird massiv durch Korruptionsvorwürfe belastet. Im Mai mussten deshalb gleich zwei Minister innerhalb einer Woche ihren Hut nehmen. Im Juli trat Unterhauspräsident Eduardo Cunha, ein enger Parteifreund Temers, nach Korruptionsvorwürfen zurück.
Es ist deshalb fraglich, ob Temer Reformen des politischen Systems in Brasilien vorantreiben wird. Fakt ist in jedem Fall: Das lateinamerikanische Land ist in Rousseffs 2011 begonnener Präsidentschaft in eine tiefe Rezession gerutscht, fast 12 Millionen Menschen sind aktuell arbeitslos. Ein Grund für die Krise ist auch der Verfall der Rohstoffpreise.
Zudem lähmten mehrere Korruptionsskandale das Land. Auch sie brachten das im Jahr 2003 von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva gestartete linke Projekt der Arbeiterpartei (PT) in Misskredit.
haz/sc (rtr, dpa, afp)