Abgeordnete kritisieren Amazon
20. Februar 2013Redner aller Fraktionen waren sich einig: Die Ausbeutung von Leiharbeitern, die für das Internet-Versandhaus Amazon arbeiten, ist nicht hinnehmbar. Ihre Bespitzelung und Drangsalierung durch eine Sicherheitsfirma kann nicht geduldet werden. Die Vorwürfe gegen Amazon und die von ihm beauftragten Firmen müssten überprüft werden, sagte Gitta Connemann von der CDU/CSU-Fraktion. "Wenn die Verhältnisse auch nur zum Teil stimmen, sind wir alle Augenzeugen eines Skandals."
Scharfe Kritik an der Leiharbeit
Meinungsverschiedenheiten gab es jedoch über die Gründe und die Verursacher der Missstände. Redner der Opposition kritisierten generell die Praxis der Leiharbeit, auf die sich auch Amazon stützt, um saisonal bedingte Mehrarbeit abzudecken. Sie führe zu prekären Arbeitsverhältnissen. Leiharbeiter würden oft so schlecht bezahlt, dass sie von ihrem Lohn nicht leben könnten. "In Deutschland läuft etwas gewaltig schief. Die Arbeitswelt wird immer rauer und ungerechter. Das Gefühl für Anstand geht verloren. Empörung reicht hier nicht aus. Wir brauchen endlich wieder soziale Leitplanken auf dem Arbeitsmarkt", sagte die Grünen-Politikerin Beate Müller-Gemmecke. Sie warf der Bundesregierung vor, sich nicht genügend um die Belange der Beschäftigten zu kümmern. Schon heute seien 25 Prozent von ihnen trotz ihrer Arbeit auf staatliche Zuwendungen angewiesen. Bündnis 90/Die Grünen forderten daher schon seit langem gleiche Bezahlung für Leiharbeiter und Angestellte.
Jutta Krellmann von der Linksfraktion forderte, die Leiharbeit generell abzuschaffen. Sie warf Sozialdemokraten und Grünen vor, in ihrer Regierungszeit den Boden bereitet zu haben für die Zunahme der prekären Arbeitsverhältnisse. Unternehmen wie Amazon gingen nur durch die Tür, die die rot-grüne Bundesregierung ihnen mit der Agenda 2010 aufgestoßen habe.
Schlechte Löhne, mangelnde Motivation
Der SPD-Abgeordnete Michael Roth, in dessen hessischem Wahlkreis Amazon einen Standort unterhält, kritisierte das Unternehmen scharf. Es biete zu wenige unbefristete Stellen an und zahle schlechte Löhne. Die Motivation der Arbeitnehmer sei daher gering, das Image der angebotenen Jobs sei schlecht.
"Wir brauchen eine Wiederbelebung der Kultur der sozialen Verantwortung. Unternehmen, die rein profitorientiert an den Interessen der Beschäftigten vorbei arbeiten, das kann nicht Ziel der sozialen Marktwirtschaft sein." Wenn die Politik nichts dagegen unternehme, gehe mehr kaputt als der Ruf eines Internetkaufhauses. "Wir müssen die Leiharbeit begrenzen und die Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausbauen."
Union plädiert für Leiharbeit
Matthias Zimmer, Abgeordneter der Union, wies die Vorwürfe der Opposition zurück. Sie versuchten, die Leiharbeit generell in ein schlechtes Licht zu rücken, rügte er. Ohne Leiharbeit könne ein Unternehmen, das saisonale Spitzen zu bewältigen habe, aber nicht funktionieren. Im Fall Amazon habe Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen rasch gehandelt und die Zustände bei den Subunternehmern des Internethändlers untersuchen lassen.
Die Debatte um die Arbeitsverhältnisse bei Amazon waren in der vergangenen Woche durch eine Fernsehsendung der ARD ausgelöst worden. Darin wurde dokumentiert, wie ausländische Leiharbeiter, die im hessischen Bad Hersfeld für Amazon arbeiteten, von einem privaten Sicherheitsdienst schikaniert wurden. Das Internetkaufhaus hat inzwischen bekannt gegeben, dass es sich sowohl von dem Sicherheitsdienst als auch von der Leiharbeitsfirma getrennt hat.