70. Berlinale: Die Gewinner des Wettbewerbs
Mohammad Rasoulof gewinnt mit "There Is No Evil" den Goldenen Bären der Berlinale 2020. Wir stellen ihn und andere Gewinner des Wettbewerbs um den Goldenen und die Silbernen Bären vor.
Goldener Bär: "There Is No Evil" von Mohammad Rasoulof
Der Episodenfilm des iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof verbindet vier Geschichten über individuelle Freiheit und die Todesstrafe. Der Widerstand der Protagonisten reflektiert dabei Rasoulofs eigene Entscheidung, den iranischen Autoritäten zu trotzen, die ihm das Filmemachen verboten und ihm mit Gefängnis gedroht haben. Das kraftvolle Werk gewinnt den Hauptpreis der Berlinale.
Großer Preis der Jury: "Never Rarely Sometimes Always" von Eliza Hittman
Eliza Hittman hat ein brilliantes Porträt über zwei Teenager aus dem ländlichen Pennsylvania gedreht, die nach New York City reisen, um eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Sidney Flanigan (Bild) glänzt in der Rolle der Autumn mit subtil angedeuteten Emotionen. Das Abtreibungsdrama bekommt den Silbernen Bären der Jury um Jeremy Irons.
Beste Regie: "Die Frau, die rannte" von Hong Sang-soo
Neben Bong Joon-ho, der dieses Jahr mit "Parasite" den Oscar für den besten Film gewonnen hat, gehört Hong Sang-soo zu den bedeutendsten Filmemachern Südkoreas. "Die Frau, die rannte" ist eine gefühl- und humorvolle Studie über die Suche einer Frau nach sich selbst, gedreht in minimalistischen Einstellungen.
Beste Darstellerin: Paula Beer in "Undine"von Christian Petzold
Paula Beer (u.a. bekannt aus "Bad Banks") brilliert in Christian Petzolds moderner Adaption des Sagenstoffs um die gleichnamige Nixe. Petzolds Undine ist Historikerin und arbeitet als Museumsführerin in Berlin. Der Film über eine Liebesbeziehung, bei der es um Leben und Tod geht, verbindet traumähnliche Passagen mit Alltagsszenen aus dem heutigen Berlin. An Beers Seite spielt Franz Rogowski.
Bester Darsteller: Elio Germano in "Hidden Away" von Giorgio Diritti
Der Film erzählt die außergewöhnliche Lebensgeschichte des italienischen Malers Antonio Ligabue, eines revolutionären Einzelgängers der modernen Kunst. Elio Germani bringt die Leidenschaft und die innere Zerrissenheit der Hauptfigur auf den Punkt. Er verkörpert einen Mann mit einer klaren Vision und großem Talent, der zeitlebens an den Rand gedrängt wurde und verstanden werden will.
Bestes Drehbuch: "Bad Tales" von Fabio und Damiano D'Innocenzo
Elio Germano ist auch in "Bad Tales" zu sehen. Das surreale Drama erzählt vom Leben in einem steril wirkenden italienischen Vorort. Die Atmosphäre ist aufgeladen, und ein Ereignis treibt die gesamte Siedlung in den Kollaps. Die Protagonisten sind die Kinder, deren Geschichten miteinander verwoben sind. Ein düsteres Märchen über Menschen, die erleben müssen, wie ihre Träume auf der Strecke bleiben.
Herausragende künstlerische Leistung: Jürgen Jürges (Kamera) für "DAU. Natasha"
Die Kontroversen um Ilja Chrschanowskis Projekt "DAU. Natasha" haben bereits für Schlagzeilen gesorgt. Der deutsche Kameramann Jürgen Jürges, bekannt für seine Arbeit mit Rainer Werner Fassbinder, hat das Mammutprojekt im dokumentarischen Stil mit nur einer Kamera gedreht und folgte den Laiendarstellern durch nur zum Teil inszenierte Szenen. Die Jury würdigt seine außergewöhnliche Arbeit.
Silberner Bär 70. Berlinale: "Delete History" von Benoît Delépine und Gustave Kervern
"Delete History" porträtiert drei Frauen in einer Provinzvorstadt, die auf verschiedene Weise unter den Auswirkungen der sozialen Medien leiden. Erst als sie sich gegen einen scheinbar übermächtigen Tech-Giganten zusammentun, kommt wieder Bewegung in ihr Leben. Die Situationskomödie beschreibt auf empathische Art und Weise die Lebensrealität im Zeitalter von Clouds, Algorithmen und Datenkraken.
Berlinale Dokumentarfilmpreis: "Irradiated" von Rithy Panh
Mit einem Familienfoto beginnt dieser poetische Dokumentarfilm. Das meditative, essayistische Werk des kambodschanischen Filmemachers Rithy Panh besteht zu einem Großteil aus Archivmaterial der Kriege des 20. Jahrhunderts. Panh über seinen Film: "Das Böse strahlt aus. Es schmerzt – auch spätere Generationen. Doch jenseits dieses Schmerzes liegt Unschuld."
Bester Erstlingsfilm: "Los Conductos" von Camilo Restrepo
Camilo Restrepo befasst sich in "Los Conductos" mit Religion und Gewalt in seiner Heimat Kolumbien. Der Film basiert auf den Erinnerungen eines Sektenaussteigers. Pinky hat sich aus den Fängen eines gewissen "Padre" befreit und verschanzt sich in einer Fabrik, entschlossen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ein alptraumhaftes, halluzinatorisches Werk, gedreht mit 16-mm-Film.