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5G: Der Fortschritt beginnt im Frühjahr

Dirk Kaufmann
26. November 2018

Die fünfte Mobilfunkgeneration, kurz 5G genannt, steht sozusagen in den Startlöchern. Doch wer soll die Netze dafür bauen, und vor allem: wann? Dazu sprach Bundesnetzagentur jetzt das entscheidende Wort.

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Deutschland Techniker bei Wartungsarbeiten an Mobilfunkmasten in Teltow
Bild: picture alliance/Keystone/J. Zick

Nach einer Sitzung des Beirats der Behörde hat die Bundesnetzagentur in Berlin Vergabebedingungen für den Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G bekanntgegeben, und zwar "Auflagen zur besseren Versorgung sowohl in der Stadt als auch auf dem Land".

Demnach sollen bis Ende 2022 fast alle Haushalte, das heißt wenigstens 98 Prozent je Bundesland, mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) versorgt werden.

Der Beirat stimmte den Plänen zu, die eine Versteigerung der Frequenzen für den neuen Standard vorsehen. Die Auktion soll im Frühjahr 2019 stattfinden.

Flächendeckung erst später

Es werden dann Frequenzen im Zwei-Gigahertz-Band sowie im 3,6-Gigahertz-Band versteigert. Beide Spektren decken allerdings nur jeweils relativ kleine Räume ab und sind nicht für eine Versorgung in der Fläche geeignet, obwohl sie über eine hohe Datenkapazität verfügen. Über die Vergabe von Frequenzen, die sich besonders für Flächenversorgung eignen, soll erst in drei oder vier Jahren entschieden werden. Nutzen wird man diese Frequenzen frühestens 2025 können.

Außerdem werden Frequenzen im Bereich von 3,7-3,8 Gigahertz sowie 26 Gigahertz für lokale Nutzungen bereitgestellt. Dazu wird ein besonderes Antragsverfahren notwendig. Damit sollen Firmen eigenständig Netze, etwa auf eigenem Gelände, aufbauen können, um ihre Maschinen vernetzen zu können.

Jeder Betreiber muss 1000 5G-Funkmasten errichten. Dazu verlangt die Netzagentur bis Ende 2022 die Versorgung von mindestens 98 Prozent der Haushalte je Bundesland. Alle Bundesautobahnen, die wichtigsten Bundesstraßen und Schienenwege müssen mit einer Übertragungsrate von mindestens 100 Megabit versorgt werden.

Die Einnahmen werden sich in Grenzen halten

Bei der letzten großen Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen im Jahr 2000 nahm der Bundesfinanzminister umgerechnet rund 50 Milliarden Euro ein. Solche Summen werden diesmal nicht erwartet. 

So wurden jetzt die Mindestgebote deutlich gesenkt, um, so die Bundesnetzagentur, die Verhältnismäßigkeit wahren zu können. Wer das Höchstgebot abgibt und den Zuschlag erhält, muss das Geld innerhalb von 65 Bankarbeitstagen überweisen. Die Einnahmen sollen dem Digitalfonds der Bundesregierung zufließen.  

Ein goßer Sprung nach vorn?

Der Vorsitzende des Beirates der Bundesnetzagentur, Joachim Pfeiffer, sieht im heutigen Beschluss deutliche Fortschritte und "einen Sprung nach vorne in die Gigabit-Gesellschaft".  Auch wenn nicht alle Forderungen des Beirates umgesetzt worden seien, "ist der Plan sowohl von der Quantität als auch von der Qualität her ein wichtiger Sprung."

Diesem Urteil widerspricht der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg, jedoch ausdrücklich: "Die Auflagen konterkarieren das Ziel, 5G möglichst schnell zu den Menschen und den Unternehmen zu bringen."

Spanien Barcelona Mobile World Congress
Das vernetzte Auto - ohne das superschnelle Netz wird das nichts. Bild: DW/K. Ferguson

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) begrüßt die heutige Entscheidung, spart aber ebenfalls nicht mit Kritik. Besonders die Versteigerung der lokalen Frequenzen seien "für die anwendenden Industrieunternehmen entscheidend", lobte der VDMA das Ergebnis der heutigen Sitzung.

Allerdings, so der Verband, griffen die "Auflagen für die Netzbetreiber, dass 98 Prozent der Haushalte abzudecken sind, zu kurz. Eine hundertprozentige Flächendeckung für industrielle Anwendungen muss kurzfristig das Ziel sein".

Deutschland als "Leitmarkt"?

Die G5-Technik ist der nächste Schritt in der Mobilfunktechnik. Die neue Evolutionsstufe wird deutlich schneller und stabiler als der jetzt höchste Standrad sein. Es kann demnächst ein Download-Tempo von zehn Gigabit pro Sekunde erreicht werden - das ist ungefähr 100-mal schneller als die bisherige LTE-Geschwindigkeit. Zudem soll die Latenzzeit (also die Verzögerung beim Datentransfer) auf den Millisekundenbereich begrenzt werden. Damit wären Übertragungen in "Echtzeit" möglich. Dies gilt als eine der Voraussetzung für den autonomen Fahrzeugverkehr. 

Die Bundesregierung hatte sich im vor einem Jahr verhandelten Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, den G5-Standard einzuführen und versprochen, Deutschland zum "Leitmarkt" dieser Technologie zu entwickeln. Gegenwärtig hängt das Land bei der Digitalisierung und beim Angebot schneller Internetverbindungen international noch zurück.

Heftiger Streit im Vorfeld

Noch einen Tag bevor am Montag die Ausschreibungsbedingungen für das G5-Netz festgelegt werden sollten, waren das Verfahren und seine Sinnhaftigkeit umstritten. Kanzleramtsminister Helge Braun etwa wies Kritik an den Ausbauplänen zurück. Darüber hinaus, so Braun, sei eine flächendeckende G5-Versorgung gar nicht nötig. Der aktuelle G4 oder auch LTE-Standard sei ja schon "verdammt schnell" und reiche für normale Bürger völlig aus.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek von der CDU stieß ins gleiche Horn und sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, man brauche die neue Technologie nur an "Knotenpunkten". Eine Anbindung "jeder Milchkanne" an den neuesten Standard sei "nicht notwendig".

Ähnlich hatte sich bereits die Bundeskanzlerin geäußert. Angela Merkel hatte gesagt, es müsse nicht gleich das ganze Land sofort auf den neuen technischen Stand gebracht werden.

Diesen Äußerungen war allseits, vor allem in der SPD, aber auch in der FDP und bei den Grünen, widersprochen worden. Auch Merkels Parteifreund, Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, bekräftigte noch einmal das Ziel seines Bundeslandes, den neuen Standard flächendeckend einzuführen und wiederholte das Versprechen, eine Milliarde Euro in Digitalprogramme zu investieren. Während in China, so Althusmann, bereits "über G6 gesprochen werde", dürfe Deutschland nicht schon bei G5 zu zaghaft vorgehen.