450. Todestag eines Universalgenies
Die Sixtinische Kapelle im Vatikan ist weltberühmt. Der Fingerzeig Gottes auf den erwachten Adam aus den Deckenfresken ist eine Ikone. Am 18. Februar vor 450 Jahren verstarb ihr Urheber: Michelangelo.
Multitalent der Renaissance
Zu Lebzeiten wird er der "Göttliche" genannt: Seine Schaffenskraft ist legendär. Wie ein Besessener arbeitet Michelangelo Buonarotti. Er ist Maler, Bildhauer, Architekt und Dichter. Er entwirft die Kuppel des Petersdoms und malt die Fresken in der Sixtinischen Kapelle. Der Fingerzeig Gottes auf Adam gilt als Meisterwerk der Kunstgeschichte.
Künstler mit magischen Händen
Michelangelo ist kein schöner Mann. In jungen Jahren wird er von einem Malerkollegen ins Gesicht geschlagen. Zeit seines Lebens bleibt er entstellt. Das Porträt von Jacopino del Conte entsteht 1535. Michelangelo ist damals 60 Jahre alt. Geboren wird er am 6. März 1475 in dem kleinen Ort Caprese. Er wächst bei einem Steinmetz auf, weil seine Mutter sich nicht um ihn kümmern kann.
Liebe zum Marmor
Früh begeistert sich Michelangelo für die Bildhauerei, für die er besonderes Talent zeigt. "Das Werk stellt den Ruhm aller antiken Statuen in den Schatten" schwärmt sein Biograph Vasari zu Lebzeiten. Die Wiederentdeckung der Antike prägt auch das Werk des jungen Buonarotti. Die "Pietà" in Rom gilt als sein erster Geniestreich. Er schält seine Figuren aus einem gigantischen Marmorklotz heraus.
Schöner Körper = schöner Geist
Michelangelo lernt humanistisches Gedankengut in der Schule des Lorenzo de Medici in Florenz ab 1489 kennen. Vom Medici-Hofstaat gehen die wichtigsten Impulse der Renaissance aus. Michelangelo trifft dort auf Poeten, Gelehrte und Künstler. Er ist noch keine 25 Jahre alt, da feiert man ihn für seine Künste: ob Falten, Finger oder Gliedmaßen - er hauchte wie kein Zweiter den Skulpturen Leben ein.
Weißer Schönling
Im September 1504 wird ein neun Tonnen schwerer Marmorkoloss durch Florenz geschleppt. Der "David" ist das Freiheitssymbol der Republik und Kulturmetropole Florenz. Er verkörpert den Traum vom neuen Menschen und das Ende des düsteren Mittelalters. Heute steht in Florenz nur eine Kopie, weil das Original unter Witterungseinflüssen litt. Deshalb befindet es sich in der "Accademia de Belli Arte".
Kolossale Anstrengung
Die Fähigkeit, mit Hammer und Meißel zu arbeiten, ist Michelangelo in die Wiege gelegt. In Florenz muss er sich trotzdem gegen die Konkurrenz durchsetzen. Leonardo da Vinci ist nur einer seiner Rivalen. Mit dem David will Michelangelo etwas noch nie Dagewesenes schaffen: die vollkommene Harmonie mit einem menschlichen Anlitz. Zwei Jahre braucht er, um das Meisterwerk fertig zu stellen.
Baupläne für Florenz
1518 macht sich Michelangelo ans Werk, die Fassade der Kirche San Lorenzo neu zu gestalten. Er hat vor, Bildhauerei und Architektur miteinander zu kombinieren. Als er aus politischen Gründen seinen Marmor nicht mehr in Carrara, sondern auf Florentiner Gebiet hauen lassen sollte, gerät er derart in Zorn, dass er seinen prachtvollen Auftrag für die Medicis hinschmeißt.
Zeichenkunst
Die Darstellung der Bewegung zieht sich wie ein roter Faden von der Plastik, die die Schlacht der Kentauren zeigt, bis hin zu seinen Fresken und Skizzen. Michelangelo wollte den vorübergehenden Augenblick in der bildenden Kunst festhalten. In seinen Zeichnungen hat er unzählige Studien angefertigt. Aber nicht nur auf Papier, sondern auch auf Stein, wie die dargestellte Höhlenabbildung zeigt.
Übermenschliche Leistung
Die Genesis, die Geschichte der Schöpfung, will Michelangelo an die Decke der Sixtinischen Kapelle zeichnen. Sein Ziel ist es, eine möglichst plastische Darstellung zu schaffen. In vier Jahren übertragen er und seine Helfer die Vorzeichnungen auf die 1000 Quadratmeter große Decke. Die Farben müssen frisch aufgetragen werden - daher der Name Fresko. Nachträgliche Korrekturen sind nicht möglich.
Grandiose Komposition
Michelangelo malt vier Meter große Figuren an die Decke, damit sie aus der Ferne gut zu erkennen sind. Eva, die auf dem Bid zu sehen ist, fällt besonders athletisch aus. Nur mit der Sintflut ist der Meister nicht zufrieden. Die Figuren sind zu klein geraten. Die Darstellung Gottes fällt überraschend menschlich aus - einmal zeigt Michelangelo ihn sogar mit nacktem Gesäß.
Ideale Kuppel
Papst Julius II. verhilft Michelangelo zum endgültigen Durchbruch. Neben der Ausmalung der Sixtinischen Kapelle beauftragt er ihn mit dem Bau des Petersdoms. Auf ideale Proportionen setzt Michelangelo auch in der Architektur. Die letzten 19 Jahre vor seinem Tod, am 18. Februar 1564, beschäftigt er sich mit dem Bau der Kuppel von St. Peter und ihrer einmaligen Tragkonstruktion.