300 Prozent mehr Masern-Infektionen weltweit
15. April 2019Im ersten Quartal 2019 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 112.000 Masern-Fälle registriert. Das sind 300 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, teilte die WHO in Genf mit. Noch seien die Daten vorläufig und unvollständig, aber es sei "eine eindeutige Entwicklung erkennbar", erklärte die Behörde, die unter dem Dach der Vereinten Nationen agiert. Neben den zu erwartenden Nachmeldungen dürfte eine Dunkelziffer das Ausmaß weiter erhöhen. Die gemeldeten Fälle erstreckten sich über 170 Länder, das sind sieben mehr als im Vergleichszeitraum.
Besonders stark sei der Anstieg zum Beispiel in der DR Kongo, Äthiopien, dem Sudan, Myanmar, den Philippinen, Thailand, Georgien, Kasachstan und der Ukraine. Mehr als 95 Prozent der tödlichen Erkrankungen entfielen auf Länder mit geringen Einkommen und schlechter Gesundheits-Infrastruktur. Unter den Toten seien viele Kinder.
Desinformation statt Impfung
Eigentlich hatte die WHO sich vorgenommen, die Masern bis 2020 in mindestens fünf von sechs Regionen der Welt auszurotten. Dass sie im Gegenteil nun wieder auf dem Vormarsch sind, erklärt sich die WHO unter anderem mit einem geringen Impfschutz. Kampagnen mit geschulten Teams und fachgerecht aufbewahrten Impfstoffen bleiben in vielen abgelegenen oder umkämpften Teilen der Welt weiterhin schwierig. Zudem nimmt in einigen Ländern das Vertrauen in die Immunisierung ab - die WHO beklagt mitunter gezielte Desinformation gegen Impfkampagnen.
Masern waren 2017 weltweit für 110.000 Tote verantwortlich. Die gefährliche Viruserkrankung verursacht hohes Fieber, Schnupfen, Husten und einen charakteristischen Hautausschlag. Wegen ihres geschwächten Immunsystems sind Masernpatienten anfälliger für andere Krankheiten.
Kommt die Impfpflicht in Deutschland?
In Deutschland schwankten die Zahlen in den vergangenen Jahren zwischen wenigen hundert und mehreren tausend Fällen. 2018 erkrankten laut staatlichem Robert-Koch-Institut (RKI) 543 Menschen an Masern. Der Anteil der Bevölkerung, der den Empfehlungen des RKI entsprechend zwei Impfdosen gegen Masern erhalten hat, liegt seit einigen Jahren konstant bei knapp 93 Prozent.
Weil in Teilen der Bevölkerung die Impfbereitschaft zurückgeht, hat das Bundesland Brandenburg eine mögliche Impfpflicht ins Spiel gebracht. Einige weitere Bundesländer haben sich nun aufgeschlossen für eine generelle Pflicht gezeigt, andere wollen eine Verpflichtung als "Ultima Ratio" in Betracht ziehen. Die Landesregierungen von Bayern und Hessen halten angesichts jeweils überdurchschnittlich hoher Impfquoten eine Pflicht für nicht notwendig.
Eine mögliche Impfpflicht würde einheitlich für ganz Deutschland gelten. Einige Bundesländer überlegen, dazu eine Initiative in den Bundesrat einzubringen, also in die zweite Parlamentskammer, die sich aus Vertretungen der 16 Bundesländer zusammensetzt. Allerdings wird zunehmend wahrscheinlich, dass die Bundesregierung in Berlin selbst eine einheitliche Regelung erarbeitet.
ehl/fab (dpa, epd, RKI, WHO)