Deutsche Gedenktage
3. Oktober 201462 Prozent der Deutschen ist es wichtig, einen Nationalfeiertag zu haben. Doch wie sollte der gefeiert werden? Mit einer Fernsehansprache des Bundespräsidenten? Die meisten Deutschen finden das gut. Einen Festakt im Bundestag wünschen sich allerdings nur 43 Prozent der Bevölkerung. Etwa die gleiche Zahl wünscht sich Ausstellungen zur deutschen Geschichte in Museen.
Das "Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" kommt dem jetzt nach: Pünktlich zum Tag der Deutschen Einheit eröffnet in Bonn die Ausstellung "Festakt oder Picknick? Deutsche Gedenktage". Die Schau, die man sich bis zum 06. April 2015 anschauen kann, widmet sich politischen Gedenk- und Feiertagen, die in der deutschen Erinnerungskultur eine wichtige Rolle spielen.
Am 3. Oktober 1990 tritt die Deutsche Demokratische Republik (DDR) offiziell der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bei. Seitdem feiern die Deutschen jährlich den "Tag der Deutschen Einheit" als ihren Nationalfeiertag. Aber wie war das vor 1990? Gab es da auch schon einen Nationalfeiertag?
17. Juni? 9. November? 3. Oktober!
Am 18. Januar 1871 wird im Spiegelsaal von Versailles das Kaiserreich verkündet - der deutsche Nationalstaat ist geboren. Schon bald fordert das Volk diesen Tag als nationalen Feiertag. Doch damit ist Kaiser Wilhelm I. nicht einverstanden: Exakt 170 Jahre zuvor (18.01.1701) wurde der erste preußische König gekrönt - und der Preuße Wilhelm möchte den 18. Januar eher mit dieser Krönung in Verbindung gebracht wissen.
In der Weimarer Republik wird schließlich der 11. August zum Nationalfeiertag erklärt, weil Reichspräsident Friedrich Ebert an diesem Tag im Jahr 1919 die neue Verfassung unterzeichnete. Während des NS-Regimes ab 1933 wird der 1. Mai zum "nationalen Feiertag des deutschen Volkes". Im geteilten Deutschland gibt es zwei Nationalfeiertage: In der DDR ist es der 7. Oktober, der Tag der offiziellen Staatsgründung 1949. Westdeutschland gedenkt am 17. Juni dem Volksaufstand von DDR-Bürgern, die sich 1953 gegen das stalinistische Regime auflehnten. Als am 9. November 1989 die Mauer fällt, ist das Datum des deutschen Nationalfeiertags eigentlich klar - würde es zeitlich nicht mit der Reichspogromnacht von 1938 zusammenfallen. Und so wird es der 3. Oktober.
Kein Anlass zur Selbstdarstellung
In anderen Ländern werden Nationalfeiertage bunt und pompös gefeiert - mit einem großen Feuerwerk und mit Militärparaden. So zum Beispiel in Frankreich bei der "Fête Nationale", die an den Sturm auf die Bastille am 14. Juli des Jahres 1789 erinnert. "Der 3. Oktober in Deutschland ist hingegen unpathetisch", sagt Dr. Tuya Roth, Ausstellungsdirektorin im Haus der Geschichte. "Er soll Anlass zur Freude und zum Feiern geben, aber nicht der Selbstdarstellung des Staates dienen. Er verweist auf unsere Geschichte."
63 Prozent der Deutschen ist es wichtig, die Erinnerung an historische Ereignisse wachzuhalten. Das hat eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach ergeben. Ein aktives Mitwirken an diesem Tag kommt jedoch nur für die wenigsten in Frage: 46 Prozent, also fast die Hälfte der Deutschen, haben "nichts Besonderes" vor. Und 29 Prozent geben an, an dem freien Tag gerne "auszuschlafen". Dabei finden in ganz Deutschland zahlreiche Feste und Veranstaltungen statt. Letztes Jahr trug die baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart die zentralen Feierlichkeiten aus. "Der 3. Oktober ist nämlich sowohl Festakt als auch Picknick", sagt Tuya Roth: "Helmut Kohl hat bei der Entscheidung für den 3. Oktober immer wieder betont, dass es ein Tag im Herbst mit schönem Wetter ist, der als Fest- und Picknicktag von den Bürgern genutzt werden kann."
Tuya Roth glaubt, dass die Bedeutung des 3. Oktobers in Zukunft zunehmen wird: "Es ist ein sehr junger Nationalfeiertag, der noch Zeit braucht, sich zu entwickeln. Ich gehe aber davon aus, dass die Zustimmung wachsen wird, weil er immer mehr Gestalt annimmt und damit auch die Anteilnahme der Bevölkerung an dem Tag steigt."