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Politik

27 EU-Mitglieder prüfen Brexit-Handelspakt

25. Dezember 2020

Die Zeit drängt: Die EU-Staaten wollen bereits am Montag über Reaktionen, Fragen und mögliche Einwände zum Brexit-Handelsabkommen beraten.

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EU Brexit | Michel Barnier
EU-Brexit-Unterhändler Michel Barnier (links) legt in Brüssel sein Opus magnum vorBild: Olivier Hoslet/AP Photo/picture alliance

EU-Unterhändler Michel Barnier unterrichtete die Botschafter der 27 Mitgliedsländer in Brüssel über das Verhandlungsergebnis, wie ein Sprecher des deutschen EU-Vorsitzes mitteilte. Die Botschafter verabschiedeten daraufhin einen Brief an das Europaparlament, in dem sie ihre Absicht ankündigen, das Abkommen ab dem 1. Januar vorläufig in Kraft zu setzen.

Die vorläufige Anwendung schaffe die Zeit für "eine ordnungsgemäße und vollständige demokratische Prüfung des Abkommensentwurfs durch das Europäische Parlament", erklärte ein EU-Diplomat. Denn dieses hat bereits klar gemacht, dass die Zeit für eine reguläre Ratifizierung bis Jahresende zu kurz ist. 

Labour-Partei signalisiert Zustimmung

Das von Barnier und der EU-Kommission ausgehandelte Abkommen  wird nun eingehend in allen europäischen Hauptstädten geprüft. Das nächste Treffen der EU-Botschafter ist am Montag geplant, um über Reaktionen, Fragen und mögliche Einwände der Mitgliedstaaten zu beraten. Dann leiten die Botschafter ein schriftliches Verfahren ein, das den Weg für die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung des Abkommens frei machen soll.

Auch auf britischer Seite wurde der Zustimmungsprozess eingeleitet. Dazu soll das Parlament am 30. Dezember zu einer außerordentlichen Sitzung aus den Winterferien zurückgerufen werden. Die oppositionelle Labour-Partei hat bereits angekündigt, für das Abkommen zu stimmen. Damit würden auch einige Abweichler im konservativen Regierungslager die Zustimmung nicht verhindern.

England | Supermarktkette Asda verkauft
Britischer Supermarkt: Vier Fünftel der britischen Lebensmittelimporte stammen aus der EU (Archivbild)Bild: Photoshot/picture alliance

Vertreter vieler Wirtschaftsbranchen begrüßten das Abkommen. Von einem "Seufzer der Erleichterung" sprach die deutsch-britische Industrie- und Handelskammer (AHK) in London. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Joachim Lang, betonte: "Das Abkommen ist besser als kein Abkommen." Gleichwohl bedeute der Pakt für die meisten Unternehmen zusätzliche Bürokratie und unnötige Grenzformalitäten. 

"Kollektiver Seufzer der Erleichterung"

"Viele Unternehmen werden gegen Regularien verstoßen, weil sie mit der neuen Regelflut noch nicht vertraut sind", sagte York-Alexander von Massenbach von der britischen Handelskammer in Deutschland. "Der Deal kommt für Unternehmen ausgesprochen spät." Sich in wenigen Tagen durch so viel Text zu arbeiten sei "schwer zu leisten", sagte er.

Auch britische Verbände waren erleichtert. "Eingedenk der Tatsache, dass vier Fünftel der britischen Lebensmittelimporte aus der EU stammen, wird die Ankündigung den Verbrauchern in ganz Großbritannien einen kollektiven Seufzer der Erleichterung entlocken", sagte die Chefin des Handelsverbandes BRC, Helen Dickinson. 

Großbritannien Autoproduktion in Solihull
Land-Rover-Fabrik im englischen Solihull: Experten rechnen mit sinkenden Produktionszahlen (Archivbild)Bild: Getty Images/L. Neal

Vor allem die britische Wirtschaft wäre nach Einschätzung von Ökonomen schwer von einem sogenannten No-Deal-Brexit getroffen worden. Aber auch mit einem Abkommen droht mancher Branche ein deutliches Minus. "Durch den Brexit-Deal kann man den Absturz abbremsen, aber nach einer kurzen Erholung nach Corona wird England mit einem weiteren schleichenden Abbau seiner Autoindustrie rechnen müssen", sagte der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Die Einigung auf das Handelsabkommen war am Donnerstag nur wenige Tage vor dem Austritt Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt zum Jahreswechsel erzielt worden. Das Abkommen sieht einen Handel ohne Zölle vor. Gleichzeitig regelt es Fragen wie die künftige Polizei- und Justizzusammenarbeit oder die soziale Absicherung von Bürgern beider Seiten.

nob/jj (afp, dpa)