2020 wird entscheidend für den Klimaschutz
23. Dezember 2019"Das nächste Jahr ist nun wirklich entscheidend!" Das ist schon oft gesagt worden beim brisanten Thema Klimaschutz. 2009 war das etwa so, vor der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen, bei der ein großer internationaler Vertrag aller 190 Staaten beschlossen werden sollte. Das scheiterte katastrophal, die Staaten stritten sich bis aufs Blut und gingen am Ende ohne Einigung auseinander. Auch 2015 war es wieder so. Doch diesmal glückte, was sechs Jahre zuvor noch misslang: In Paris wurde der neue Klima-Vertrag beschlossen, mit eigenen Klimazielen aller Staaten, mit Finanz-Zusagen - und mit viel Optimismus. Aber der Vertrag wurde nicht im Detail ausgearbeitet. Genau deswegen wird 2020 ein entscheidendes Jahr für den Abbau der Treibhausgase - wieder einmal.
Jochen Flasbarth: "2020 wird ein Schlüsseljahr!"
Im schottischen Glasgow wird Ende 2020 die nächste Klimakonferenz stattfinden, und sie muss alle wichtigen Details des Pariser Vertrages endgültig absegnen, die noch 2015 eher vage festgehalten wurden. Jochen Flasbarth, Deutschlands Umwelt-Staatssekretär, sagte dazu der DW: "2020 wird ein Schlüsseljahr für den Klimaschutz: Erstmals sollen dann die Mitgliedsstaaten des Pariser Klimaabkommens ihre nationalen Klimaschutzziele überprüfen und möglichst erhöhen." Das wird schwer genug. Zwar haben rund 80 Staaten jetzt schon angekündigt, das tun zu wollen, aber Staaten mit einem hohem Anteil an Treibhausgasen sind nicht darunter.
Aktuelle Klimaziele reichen nicht aus
Vor kurzem stand - auch wegen dieses Konflikts um höhere Klimaziele für alle Staaten - die UN-Konferenz in Madrid kurz vor dem Scheitern, am Ende reichte es nur zu einem dürren, weitgehend nichtssagendem Kompromiss. Im kommenden Jahr müssen die Staaten aber liefern, wenn der Paris-Vertrag wirklich wirksam sein soll. Seine jetzigen Klimaversprechen verfehlen das Ziel, die Erhöhung der Erdtemperatur auf zwei Grad zu begrenzen, Experten schätzen, dass sie um über drei Grad steigen würde, wenn die Ziele nicht erhöht werden.
Europa muss liefern
Alle Augen richten sich dabei auf Europa, auch auf Deutschland, besonders seitdem die USA den Pariser Klima-Vertrag endgültig aufgekündigt haben. Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat den Klimaschutz zu einem ihrer Hauptanliegen erklärt. In einem ersten Schritt hat sie erreicht, dass sich die Staats-und Regierungschefs auf das Ziel geeinigt haben, bis 2050 in der EU Klima-Neutralität zu schaffen: also nur noch so viele Treibhausgase auszustoßen, wie an anderer Stelle kompensiert werden können.
Dazu muss aber zwingend das Ziel erhöht werden, bis 2030 40 Prozent an Treibhausgasen einzusparen. Von der Leyen schwebt vor, den Wert auf 50 bis 55 Prozent zu steigern. Dabei gilt es vor allem, den Widerstand der osteuropäischen Kohle-Staaten Ungarn, Polen und Tschechien zu brechen. Jochen Flasbarth sagt: "Wir werden alle Register unserer diplomatischen Möglichkeiten ziehen müssen, um aus dieser Konstellation international besten Nutzen für den Klimaschutz zu ziehen."
Wichtige Partnerschaften mit China, Südafrika oder Russland
Nur wenn Europa das schafft, werden wichtige Schwellen-und Entwicklungsländer folgen. Das sieht auch Christoph Bals so, der Klima-Experte der Umweltgruppe WWF. Er sagte der DW: "Wir stehen an einem Wendepunkt. Bekommen wir jetzt den europäischen 'Green Deal' ernsthaft umgesetzt, kriegen wir Partnerschaften mit wichtigen Schwellenländern wie Indien, China, Südafrika, aber auch zum Beispiel mit Russland, zur Umsetzung dieses Abkommens?"
Weiter Druck von "Fridays for Future"
Schon jetzt steht fest: Die Jugendbewegung "Fridays for Future" mit ihrer Gallions-Figur, der schwedischen Schülerin Greta Thunberg an der Spitze, wird den Druck auf die Staaten weiter erhöhen, endlich Ernst zu machen mit dem Klimaschutz. Gerade ist die junge Aktivistin vom "Time Magazine" zur Person des Jahres ernannt worden. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Lisa Badum, setzt auch 2020 auf die Schüler-Streik-Bewegung und sagt der DW: "Wir haben 2019 sieben Millionen Menschen auf der Straße gesehen. Jetzt geht es darum, dass das in politisches Handeln gegossen wird. Die EU muss vorangehen, China wartet auf uns, die werden auch ihre Ambitionen hochschrauben."
Deutschland muss den Ausstieg aus der Kohle umsetzen
Auf der Konferenz in Madrid hat China das noch nicht getan, dabei ist das Land weltweit größter Emittent von Treibhausgasen. Deshalb wird es 2020 auf eine gute Kooperation zwischen Europa und China ankommen. In der zweiten Jahreshälfte, wenn Deutschland die Ratspräsidentschaft in der EU übernimmt, soll der Klimaschutz bei einem EU-China-Gipfel in Leipzig im Mittelpunkt stehen.
Lisa Badum setzt darauf, dass Deutschland auch innerhalb der EU wieder eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz übernimmt, auch wenn das Land seine eigenen Klima-Ziele für 2020 im Moment weit verfehlt: "Wir müssen die Welt nicht allein retten, Deutschland und Europa. Es stehen andere Länder bereit, die aber auf ein Signal von uns warten. Wir haben das Know-How, die Mittel, die Tradition einer demokratischen Klimapolitik!"
In Deutschland selbst wird dann auch erwartet, dass die Regierung weitere Schritte ihres Klima-Pakets beschließt, vor allem den umstrittenen Ausstieg aus der Kohle-Verstromung bis 2038. Kritiker fordern, dass das weit früher geschehen müsste. Im Januar, so heißt es in Berlin, wollen sich die zuständigen Ministerien auf einen Entwurf für das Gesetz einigen.