Was 2017 für Europa bringt
2. Januar 2017Januar
Anfang des Monats wird der Supreme Court in London entscheiden, ob und wieweit das britische Parlament in die Brexit-Entscheidungen der Regierung einbezogen werden muss. Damit wird klar, wie viel oder wenig Gestaltungsfreiheit Premierministerin Theresa May beim Ausstieg Großbritanniens hat.
Am 20. Januar übernimmt Donald Trump das Amt des US-Präsidenten, der mit seinem Kabinett der Milliardäre die Kontinuität der Weltpolitik infrage stellen wird. Seine Kritiker fürchten, dass sein Mangel an politischer Erfahrung und sein Hang, "die Dinge aufzumischen", globale Sicherheitsprobleme schaffen kann. Nur seine Anhänger glauben an positive Überraschungen.
Februar
Die EU Regierungschefs der 27 treffen sich zum Sondergipfel in Malta und beraten über die Zukunft Europas nach dem Brexit. Bisher fehlen Begeisterung und zündende Ideen. Alles deutet auf ein entschlossenes "Weiter so" hin. Es sei denn, die Angst vor dem Auseinanderbrechen der EU treibt Angela Merkel zu einer Flucht nach vorn. Allerdings hat sie kaum Partner: Die Regierungschefs der Niederlande, von Italien und Frankreich sind zu diesem Zeitpunkt "lahme Enten".
März
Mitte des Monats wählen die Niederländer ein neues Parlament. Umfragen zufolge könnte die Partei von Rechtspopulist Geert Wilders stärkste Kraft werden. Wilders betreibt einen radikalen Kampf gegen den Islam, gegen Zuwanderer und Europa. Sein Held ist der russische Präsident Waldimir Putin. Allerdings bräuchte Wilders, selbst wenn er rund 25 Prozent der Stimmen gewinnt, im zersplitterten niederländischen Parlament zwei weitere Parteien zum Regieren. Unwahrscheinlich, dass er sie bekäme. In jedem Fall wird eine Regierungsbildung nach dieser Wahl schwierig.
Am 25. März wird in Rom der 60. Geburtstag der Europäischen Gründungsverträge gefeiert. Von dem Datum soll eine Botschaft der Zuversicht und der Hoffnung ausgehen – bisher weiß niemand, woher der Optimismus kommen soll.
Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wird die britische Premierministerin May den Beginn der Austrittsverhandlungen aus der EU nach Art. 50 einleiten. Der Brexit - die bisher härteste Probe für den Fortbestand der Union. Allerdings zeigt sich zunehmend, dass die Brexiteers die Folgen und Schwierigkeiten des Austritts massiv unterschätzt hatten. Die EU der 27 hat ihre Verfahrensregeln formal festgelegt. Ob und wie in den kommenden eineinhalb Jahren der Ausstieg der Briten fertig verhandelt werden kann, ist völlig offen. Manche glauben, der Brexit werde im juristischen und bürokratischen Morast stecken bleiben.
April
Ende des Monats gehen die Franzosen an die Wahlurnen: Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen steht an. Bisher sieht es danach aus, dass die konservativen Republikaner mit Francois Fillon und der rechtspopulistische Front National mit Marine Le Pen die ersten beiden Plätze gewinnen. Die Versuche der Sozialisten und des unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron, den Front National zu verdrängen, gelten als wenig erfolgversprechend. Die beiden Sieger der Vorrunde gehen zwei Wochen später in die Stichwahl.
Mai
Die zweite und entscheidende Runde der französischen Wahlen findet am 7. Mai statt. Erwartet wird, dass der Bewerber der Republikaner die Rechtspopulistin Marine Le Pen haushoch besiegt. Francois Fillon setzt auf sozialkonservative Werte, lobt den Patriotismus und preist die Familie. Aber: In der EU sorgt seine Liebe zu Wladimir Putin für Beunruhigung. Zudem könnte ihm sein Bekenntnis zu Wirtschaftsreformen à la Thatcher bei den Wahlen schaden. Sollten sich die Franzosen schließlich doch für Marine Le Pen und ihren Rechtspopulismus entscheiden, wäre die EU am Ende. Der Ausstieg des zweitstärksten Landes und historischen Partners der Deutschen wäre nicht zu verkraften.
Juni
In Italien könnte es zu Neuwahlen kommen, nachdem Sozialist Matteo Renzi im Dezember sein Referendum verloren hatte und seitdem eine Übergangsregierung am Ruder ist. Zum Jahresende lag die Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo in den Umfragen vorn. Sie hat keine Regierungserfahrung, ist europaskeptisch und setzt auf Basisdemokratie. Allerdings gab es jetzt auch bei den "Sternen" erste Korruptionsskandale - bis zum Sommer können die Italiener noch ihre Meinung ändern. Dabei bedroht die Überschuldung des Landes weiter den Euroraum und politische Instabilität würde auch die EU gefährden.
Sommerpause
September
Deutschland wählt ein neues Parlament. Bislang sieht es so aus, als ob wieder eine wie auch immer zusammengesetzte Koalition unter Angela Merkel hervorgeht. Dass die rechtspopulistische AFD dabei eine große Rolle spielt, gilt bislang als unwahrscheinlich. Die Bundeskanzlerin wird inzwischen als Retterin Europas und von manchen sogar als Retterin des Westens betrachtet. Von der demokratischen Stabilität und der Wirtschaftskraft Deutschlands hängt viel ab. Merkel als Anker in einer unsicheren Welt - die Erwartungen an sie sind gewaltig.
Und sonst noch in 2017:
Die Flüchtlingskrise ist nicht zu Ende. Im Laufe des Jahres müssen halbwegs funktionierende Lösungen geschaffen werden.
Der Krieg in Syrien wird weitergehen. Die Region bleibt instabil.
Das Verhältnis zur Türkei wird voraussichtlich immer angespannter.
In Griechenland bleibt die Finanzkrise weiter auf dem Programm. Vermutlich gibt es Neuwahlen, ein Sieg der Konservativen gilt als wahrscheinlich.
Es wird weitere Terrorangriffe geben, ob nun IS-gesteuert oder von "einsamen Wölfen" begangen.
Wladimir Putin bleibt gefährlich: Er wird Populisten fördern, Wahlen durch Cyberangriffe beeinflussen und den Westen destabilisieren.
Der Brexit wird böses Blut zwischen Großbritannien und die EU bringen und Begleitmusik des europäischen Jahres werden.
US-Präsident Donald Trump wird für Überraschungen sorgen, die unsere Welt auf den Kopf stellen können.
Wo bleibt das Positive?
Wir lassen uns von etwas Gutem überraschen, das wir uns jetzt noch nicht vorstellen können.