10 filmische Meisterwerke aus Osteuropa
In Wiesbaden findet gerade das Filmfestival GoEast statt, das sich dem osteuropäischen Kino widmet, das hierzulande kaum bekannt ist. Dabei entstanden dort nach 1945 bemerkenswerte Filme mit einer aufregenden Ästhetik.
Tausendschönchen (1966)
Die tschechische Regisseurin Věra Chytilová schuf 1966 einen der überraschendsten und wagemutigsten Filme der Nachkriegszeit. "Tausendschönchen" erzählt von zwei jungen Frauen, denen nichts heilig ist. Ein revolutionäres Werk, das nach dem Prager Frühling verboten wurde, aber trotzdem großen Einfluss auf Regisseurinnen und Regisseure in ganz Osteuropa haben sollte.
Die Liebe einer Blondine (1965)
Ein Jahr zuvor hatte Miloš Forman "Die Liebe einer Blondine" gedreht: Das witzig-freche Porträt einer jungen Frau, die sich in einen Pianisten verliebt - eine Beziehung, die von dessen Eltern nicht akzeptiert wird. Der Regisseur, der später in Hollywood Karriere machte, war neben Chytilová und Jiří Menzel der bekannteste Vertreter der neuen tschechischen Welle Mitte der 1960er Jahre.
Asche und Diamant (1958)
Die ČSSR und Nationen wie Ungarn oder Jugoslawien befreiten sich in den 1960ern für ein paar Jahre von den starren sozialistischen Kulturvorgaben. In Polen hatten es ein paar Regisseure schon einige Jahre zuvor geschafft, ästhetisch aufregende Filme in die Kinos zu bringen. Als herausragendes Meisterwerk gilt noch heute Andrzej Wajdas "Asche und Diamant" über die Geschehnisse am 8. Mai 1945.
Das Messer im Wasser (1962)
Auch Roman Polanskis Spielfilmdebüt "Das Messer im Wasser" entstand in Polen. Der in Paris geborene und später zu Weltruhm gelangte Regisseur inszenierte 1962 einen hinreißenden Film, der fast ausschließlich auf einem Segelboot spielt. Zwei Männer und eine Frau liefern sich über 90 Minuten einen psychologischen und dann auch handgreiflichen Kampf: ein mitreißendes Kammerspiel auf einer Yacht.
Die Spur der Steine (1965/66)
Auch in der DDR gab es Mitte der 1960er Jahre so etwas wie eine Neue Welle im Kino. Während einer kurzen Zeit, in der die Kultur aufblühte, entstanden Filme, die ästhetisch aufregend und gesellschaftskritisch waren. Die meisten von ihnen verschwanden später jahrelang in den Giftschränken. Herausragendes Beispiel: "Die Spur der Steine" von Regisseur Frank Beyer mit einem umwerfenden Manfred Krug.
Wenn die Kraniche ziehen (1957)
Kino und Literatur konnten sich in der UdSSR nach Stalins Tod für einige Jahre aus den Klauen der Zensoren befreien. In der sogenannten Tauwetter-Periode entstanden einige bemerkenswerte und noch heute sehenswerte Filme. "Wenn die Kraniche ziehen" von Regisseur Mikhail Kalatozov erzählt von einer jungen Frau, die sich in den Bruder ihres Verlobten verliebt, nachdem dieser in den Krieg gezogen ist.
Stalker (1978/79)
In den langen Jahren bis zum Fall des Eisernen Vorhangs gelang es nur wenigen Regisseuren aus der Sowjetunion, ästhetische Grenzen zu sprengen. Das Kinogenie Andrej Tarkovskij schuf mit nur sieben Filmen bis zu seinem Tod allerdings Großartiges: phantasievolles und düster-melancholisches Kino, das die Grenzen des Films völlig neu auslotete. Besonders eindrucksvoll geriet sein Film "Stalker".
Vor dem Regen (1994)
Fünf Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und drei Jahre nach Auflösung des Warschauer Pakts kam es in manchen Regionen Mittel- und Osteuropas zu wahren Kinorevolutionen. Der mazedonische Regisseur Milčo Mančevski schuf mit "Vor dem Regen" ein Meisterwerk: Ein komplex erzählter Film über die Jugoslawienkriege und die Spannungen zwischen muslimischen Albanern und christlichen Mazedoniern.
Underground (1995)
Auch der Film "Underground" von dem in Sarajewo geborenen Emir Kusturica blickt auf das zerrissene Ex-Jugoslawien und den Bosnienkrieg. Er rollt aber auch die Geschichte der Region seit dem Zweiten Weltkrieg auf. Kusturica entwickelt in "Underground", wie auch in seinen anderen Werken, einen Erzählstil voller satirischer Spitzen, der dem Zuschauer kaum Zeit zum Atmen lässt.
4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage (2007)
Rumänien erlebt in jüngster Zeit einen bemerkenswerten Kino-Aufschwung. Zahlreiche Regisseure schildern das Leben ihrer Landsleute mit großer Dringlichkeit und ästhetischen Finessen. "4 Monate, 3 Wochen und 2 Tage" von Regisseur Cristian Mungiu ist wohl das bekannteste Werk. Ein erschütternder, unvergesslicher Film über eine verzweifelte Frau, die eine illegale Abtreibung vornehmen lässt.