Köln: Wenn die vierte Liga zu stark ist
29. Oktober 2019Zuhause, am Kölner Geißbockheim, hatte der Tag schon schattig begonnen. Es war ziemlich kühl über Nacht geworden, und so erfrischend die Luft im Grüngürtel im Kölner Südwesten auch war, so konnte man gleichzeitig die Handschuh-Temperaturen für Jogger auch als schlechtes Omen deuten. Es sollte kein gemütlicher Tag für den 1. FC Köln werden. Und das war nur das erste schlechte Omen.
Der schöne, schöne Bus
Die Kölner Spieler waren da schon lange auf und davon, hatten in Saarbrücken übernachtet. Als die Verantwortlichen am Morgen ihren Teambus ansahen, verdüsterten sich die Mienen. Der Geißbock auf der Außenseite war mit einem großen "FCS"-Graffiti übersprüht worden, auf der anderen Seite ließ die Schrift "Ultras FCS" auf die Urheberschaft schließen. Manager Armin Veh orderte für die Fahrt zum Austragungsort nach Völklingen einen anderen Bus. Soweit, so schlecht.
Dabei gab es auch gute Gründe, sich auf die Partie zu freuen. Der in Saarbrücken geborene Kölner Mannschaftskapitän Jonas Hector hatte Familienmitglieder auf der Tribüne platziert. Der Saarbrücker Trainer Dirk Lottner ist als Ex-FC-Spieler ohnehin ein alter Bekannter, und auch im Kader der Saarländer standen einige Kicker mit Kölner Vergangenheit, unter anderem Christopher Schorch. Von Schorch sollte noch zu reden sein.
Die Augen reiben
Die erste Halbzeit verlief so, wie es für einige Kölner Spiele in dieser Murks-Saison so typisch war. Hector feuerte seine Mitspieler an und kassierte nach robustem Einsteigen auch früh eine gelbe Karte. Ansonsten konnte man sich die Augen reiben, wie schwer sich die Bundesliga-Profis gegen das Team aus der vierten Liga taten. Dabei hätte man gewarnt sein können: Der 1. FC Saarbrücken führt immerhin die Tabelle der Regionalliga Südwest mit 40 Punkten aus 15 Spielen souverän an.
Und so sammelten die Gastgeber in der ersten Hälfte die besseren Chancen, dennoch war es noch torlos. Kölns Trainer Achim Beierlorzer ließ in der Halbzeit seinen völlig neben sich stehenden Torjäger Anthony Modeste draußen. Und dann kam die 54. Minute und der Moment für Christopher Schorch im blauen Trikot der Saarländer. Den entschlossenen von Fanol Perdedaj aus 25 Metern getretenen Freistoß konnte Schorch entscheidend in den Kasten abfälschen: 1:0 für Saarbrücken. Und kurz darauf (57.) konnte Gillian Jurcher Kölns Torwart Timo Horn umkurven: 2:0. Die rund 8000 Fans im Hermann-Neuberger-Stadion, in das die Saarländer wegen des Umbaus der eigenen Spielstätte ausweichen mussten, waren auf den Bänken.
Der Sekundenschlaf
Hector und vor allem der eingewechselte Simon Terodde versuchten, das Spiel noch zu drehen. Bezeichnend, dass der Bundesligist durch die Tore dieser beiden Leistungsträger Hector (71.) und Terodde (84.) noch einmal herankam. Doch als sich alle schon auf eine Wende durch die Kölner Profis oder wenigstens eine Verlängerung einstellten, erwischte die Kölner Defensive - nicht zum ersten Mal in dieser Partie - der Sekundenschlaf. Tobias Jänicke konnte erschreckend unbehindert abschließen (90.) und den Gast aus dem Wettbewerb befördern.
Die 256 Kilometer zurück nach Köln sollten für Trainer Beierlorzer ("völlig enttäuscht und auch ein bisschen sauer"), für den standesgemäß übellaunig blickenden Manager Veh und die Kicker keine allzu beschwingte Angelegenheit werden - in welchem Bus auch immer: Im Pokal rausgeflogen, in der Liga auf Platz 16. Das Motto "spürbar anders", mit dem der Klub für sich wirbt, ist im Moment eher "spürbar schwach".