Ägypten: Muslimbruder gegen Mubarak-Mann
26. Mai 2012Das Duell um das Amt des Präsidenten wird damit zu einer Wiederauflage des Jahrzehnte alten ägyptischen Machtkampfes zwischen dem Mubarak-Lager und den Muslimbrüdern. Nun fürchten viele Ägypter, dass in der Auseinandersetzung zwischen Islamisten und Anhängern des alten Regimes die in der Revolution im vergangenen Jahr erkämpften demokratischen Erfolge zerrieben werden.
Morsi, der Kandidat der Muslimbruderschaft, kommt nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur MENA bei der ersten Runde der Parlamentswahl in Ägypten auf 25,3 Prozent der Stimmen. Er liegt damit weniger als 100.000 Stimmen vor dem früheren Ministerpräsidenten und Ex-Luftwaffenchef Schafik, der auf 24,9 Prozent kam. Das offizielle Ergebnis der Wahl, zu der insgesamt 13 Bewerber angetreten waren, soll am Sonntag veröffentlicht werden.
Stichwahl Mitte Juni
Vertreter der säkularen und liberalen Kräfte zeigten sich entsetzt über den Ausgang der ersten Wahlrunde. Denn mehr als 40 Prozent der Stimmen gingen an Bewerber um das Präsidentenamt, die eher mit der Revolution vom vergangenen Jahr im Einklang stehen als die beiden Stichwahlkandidaten. "Das schlimmstmögliche Szenario", nannte denn auch Ahmed Chairi, Sprecher der säkularen und liberalen Freien Ägyptischen Partei, den Wahlausgang. In der Zeitung "Al-Ahram" bezeichnete er Morsi als einen "islamischen Faschisten" und Schafik als einen "militärischen Faschisten". Er wisse nicht, wem er bei der Stichwahl die Daumen drücken solle. Vielen Ägyptern gehe es ebenso.
Die Abstimmung vom Mittwoch und Donnerstag, die weitgehend friedlich verlief, galt als historisch. 52 Millionen Ägypter konnten erstmals in einer freien und von Wettbewerb geprägten Wahl über den ersten Mann im Staat bestimmen. Ägyptische Beobachter berichteten allerdings auch von Stimmenkauf und Wählermanipulation in Wahllokalen. Die Beteiligung lag nach inoffiziellen Angaben bei rund 50 Prozent. Nach der Stichwahl will der seit dem Sturz von Langzeitpräsident Hosnni Mubarak im Februar 2011 regierende Militärrat die Macht abgeben. Hinter den Kulissen dürfte das mächtige Militär aber weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
qu/gmf (dapd, dpa)