The BOBs: „A Tunisian Girl“ gewinnt internationalen Blog-Award der Deutschen Welle
Das Blog „A Tunisian Girl“ („Ein tunesisches Mädchen“) ist Sieger der siebten Auflage des internationalen Blog-Awards „The BOBs“ der Deutschen Welle. Das teilte der deutsche Auslandsrundfunk am 12. April in Bonn mit. Eine international besetzte Jury vergab die Preise in sechs Fachkategorien. Überreicht werden sie beim Deutsche Welle Global Media Forum am 20. Juni 2011 in Bonn.
Unter http://atunisiangirl.blogspot.com bloggt Lina Ben Mhenni (27), Dozentin an der Universität von Tunis, seit mehreren Jahren über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in ihrem Land – auf Französisch, Englisch und Arabisch. Auch über Unterdrückung und Zensur unter dem Regime des ehemaligen tunesischen Präsidenten Ben Ali informierte sie. Während der Proteste im Dezember 2010 und im Januar 2011 reiste sie in die Städte Sidi Bouzid und Kasserine, um von dort über Repressionen und Gewalttaten zu berichten. Seit dem politischen Umbruch in Tunesien schreibt Mhenni über den schwierigen Weg des Landes zur Demokratie. Ihr Blog war lange Zeit in Tunesien verboten und konnte nur im Ausland gelesen werden.
Hohes persönliches Risiko
„Die Reaktionen auf den diesjährigen Wettbewerb zeigen, wie intensiv sich Blogger gerade in Ländern mit eingeschränkter Medien- und Meinungsfreiheit mit dem Thema Menschenrechte befassen“, so DW-Programmdirektor Christian Gramsch. „Trotz eines mitunter hohen persönlichen Risikos nehmen sie unerschrocken ihr Grundrecht wahr, anderen ihre Perspektive mitzuteilen – auf kleine Begebenheiten des Alltags ebenso wie auf große politische Ereignisse.“ Die Deutsche Welle greife in ihrer vielsprachigen Berichterstattung diese Debatten in der internationalen Blogosphäre auf und trage sie in die Zielregionen zurück.
„Wie wichtig Blogs heute für die öffentliche Meinungsbildung und die Förderung zivilgesellschaftlicher Prozesse sind, zeigen die Ereignisse im Nahen Osten. Die Inhaftierung einflussreicher Blogger durch repressive Systeme kann den Weg zu mehr individueller und gesellschaftlicher Freiheit zwar bremsen, langfristig aber nicht aufhalten“, so Gramsch. Hierzu trügen die Sozialen Netze in besonderem Maße bei. Dem habe die DW mit der neuen BOBs-Kategorie „Best Social Activism Campaign“ Rechnung getragen.
Tod durch Polizeigewalt
In dieser Kategorie wurde die Facebook-Seite „We are Khaled Said“ (www.facebook.com/ElShaheeed) ausgezeichnet, die mehr als eine Million Follower hat. Die Seite wurde im Gedenken an den jungen Menschen Khaled Said gegründet, der im Juni 2010 durch Polizeigewalt in Alexandria umkam. „We are Khaled Said“ bildete als eine der wichtigsten Facebook-Gemeinschaften die Basis für die Proteste auf dem Tahrir-Platz im Januar 2011 und hatte damit maßgeblichen Anteil an der Revolution in Ägypten. „Die Seite hat dazu beigetragen, dass die Menschen in Ägypten entschieden für nachhaltige politische Veränderungen in ihrem Land eintreten“, begründet die Jury ihre Entscheidung.
In der Kategorie „Special Topic Human Rights“ hat die Jury die Webseite „Migrant Rights in the Middle East“ (www.migrant-rights.org/) als Sieger gekürt. Die Seite aus Bahrain macht auf die Lebensbedingungen von Wanderarbeitern im Nahen und Mittleren Osten aufmerksam, die in manchen Golfstaaten einen großen Anteil der Arbeiterschaft ausmachen. Viele werden für körperliche Arbeit oder als Hausangestellte unter menschenunwürdigen Bedingungen eingesetzt. Die Seite ruft dazu auf, dieser „neuen Art der Sklaverei“ ein Ende zu bereiten. Für die Jury ein Projekt, „bei dem das Engagement für Menschenrechte klar im Fokus steht“.
Brutalität gegen Demonstranten
Zum besten Video-Kanal wählte die Jury „Stands with Fist“ (http://www.youtube.com/user/standswithfist60). Unter diesem Pseudonym veröffentlicht ein Künstler aus Iran auf YouTube Videos, die Bilder des brutalen Vorgehens gegen Demonstranten zeigen. Viele der Videos thematisieren Aktivitäten der grünen Protestbewegung in Iran.
In der Kategorie „Best Use of Technology for Social Good“ hat sich die Jury für die russische Webseite „Rospil“ (http://rospil.info) entschieden. Rospil bedeutet auf Deutsch etwa: „das Zersägen der russischen Steuergelder“. Ziel der Online-Community ist es, Behörden und Beamte aufzuspüren, die die Vergabe staatlicher Aufträge für persönliche Bereicherung missbrauchen. Internet-Nutzer können dazu auffällig teure oder auffällig kurzfristige öffentliche Ausschreibungen melden. Diese werden dann von Experten aus der Community geprüft.
Der Reporter-ohne-Grenzen-Preis geht an das Blog „Ciudad Juárez, en la sombra del narcotráfico“ (http://juarezenlasombra.blogspot.com/) von Judith Torrea – ein Blog über die Macht der Drogenkartelle in der nordmexikanischen Stadt Juárez. Die junge Journalistin erzählt die Geschichte der Opfer, berichtet über den aussichtslosen Kampf gegen die Drogenkartelle und Korruption in den Behörden. Sie demaskiert die Brutalität der Kartelle durch die Veröffentlichung schockierender Vernehmungsprotokolle.
The BOBs international etabliert
Internetnutzer aus der ganzen Welt hatten in diesem Jahr rund 2.100 Vorschläge für die Preise in elf Sprach- und sechs Fachkategorien eingereicht. Die Jury hatte in einer Vorauswahl 187 Kandidaten nominiert.
Zur zwölfköpfigen Jury zählt in diesem Jahr der chinesische Blogger Isaac Mao, einer der Organisatoren der „Chinese Blogger Conference“, die seit 2005 jährlich in der VR China ausgerichtet wird. Mitglied der Jury ist auch die Journalistin und Bloggerin Amira Al Husseini aus Bahrain.
Parallel zur Jury-Entscheidung haben Internet-Nutzer mehr als 90.000 Stimmen für ihre Favoriten abgegeben.
Als bestes deutsches Blog haben sie „textilvergehen.de“ gewählt. Stefanie Lamm und Sebastian Fiebrig, Fans des 1. FC Union Berlin, schreiben darin zu Themen rund um Fußball. Die weiteren Publikums-Preisträger sind unter http://thebobs.dw-world.de/de/gewinner/ zu finden.
Die Partner
Premium-Partner der „BOBs“ ist Reporter ohne Grenzen. Medienpartner sind: Global Voices, Clarin.com, Gooya News, Lenta.ru und Lainformacion.com.
12. April 2011
15/11
Kontakt: Gabriel González – [email protected] – T. +49-179-7150118