Nigeria: Jan-Philipp Scholz traf Wole Soyinka
Dank guter Kontakte und einer gehörigen Portion Glück gelang es Scholz Mitte März, den 80-Jährigen zu treffen und vor die Kamera zu bitten – zum langersehnten Interview. Persönliche Impressionen aus einem gebeutelten Land, dem wirtschaftlich stärksten Land Afrikas.
„Soyinkas Büro liegt mitten in der Wirtschaftsmetropole Lagos, am Freedom Park. Der Schriftsteller nahm sich überraschend viel Zeit für das Interview, das fast in letzter Minute geplatzt wäre.
Meine schlimmsten Befürchtungen scheinen sich zu erfüllen. Zwei Stunden vor dem geplanten Interviewtermin sagt mir ein Mitarbeiter des Literatur-Nobelpreisträgers, Wole Soyinka habe andere wichtige Termine an diesem Nachmittag, man müsse das Interview leider verschieben. Nach einem längeren Gespräch ergibt sich – wie so oft in ähnlichen Situationen in Afrika – dann doch noch eine spontane Lösung: Wir können das Interview mit Soyinka führen. Aber bitte sofort.
Laster und Launen
Im Rekordtempo fängt das Kamerateam an, das technische Equipment aufzubauen. Und schon steht der Nobelpreisträger vor uns. Viele Male bin ich im Vorfeld gewarnt worden: Der ältere Herr sei nicht einfach. Man müsse mit seinen Launen umzugehen wissen und mit seiner Arroganz. Wole Soyinka wird von vielen Nigerianern für seinen jahrzehntelangen, mutigen Kampf gegen Nigerias Diktatoren regelrecht verehrt, besonders hier in seiner Heimatregion im Südwesten des Landes.
Umso erstaunter bin ich, einen höflichen, bescheiden wirkenden Mann kennenzulernen. Geduldig wartet Soyinka, bis Licht und Sound eingerichtet sind. Natürlich kenne er die Deutsche Welle und ja, natürlich kenne er auch das Haussa-Programm des Senders, das im Norden Nigerias täglich von Millionen Menschen gehört wird.
Wahlen und Wirbel
Während des 20-minütigen Interviews setzt sich meine positive Überraschung fort. Ausführlich geht der Literatur-Nobelpreisträger auf meine Fragen ein. Erstmals spricht er öffentlich über Hinweise, dass Ex-Militärs und hochrangige Sicherheitskräfte die erwarteten Unruhen nach den für den 28. März angesetzten Wahlen ausnutzen wollen, um militärisch einzugreifen. Ihr Plan: die Bildung einer Übergangsregierung nach Vorstellungen des Militärs.
Noch am Abend sorgt Soyinkas Aussage in Nigeria für Aufregung. Seine Worte haben noch immer enormes politisches Gewicht im Land. Am selben Abend erfahre ich auch, wie knapp ich in Wirklichkeit an einem Scheitern des Interviews vorbeigeschrammt bin. Eigentlich war Soyinka schon auf dem Weg zu seinem Auto und konnte nur von seinem Sohn – einem offensichtlichen DW-Fan – überzeugt werden, den Termin mit uns nicht platzen zu lassen. Glück gehabt.“