Chinesisches Blog ist "Best Weblog"
"Wenn man nicht über Menschen reden kann, dann redet man eben über Hunde." So lautet das Motto des Jury-Siegers im ersten internationalen Wettbewerb für Weblogs, den "Deutsche Welle International Weblog Awards 2004". "Hundezeitung" nennt sich das Sieger-Blog, auf das sich die mit internationalen Internet-Experten besetzte Jury vergleichsweise schnell einigen konnte. Das Weblog thematisiert im Stil einer Collage vordergründig die ungleichen Lebensbedingungen von Hunden - in China und Asien auf der einen und in westlichen Ländern auf der anderen Seite.
Gelungene Metapher
"Die Juroren sehen das siegreiche Blog als eine gelungene Metapher für die Situation der Menschen in China und anderswo", sagt Guido Baumhauer, Online-Chef der Deutschen Welle (DW) und Organisator der "BOBs". Das chinesische Jury-Mitglied Mu Zimei bestätigt: "Das Weblog kann als Parabel verstanden werden. Hier wird der Alltag der Hunde auf das Leben der Menschen projiziert, Hunderechte auf Menschenrechte." Guido Baumhauer betrachtet das Gewinner-Blog "als ein gutes Beispiel dafür, wie Weblogs Sichtweisen in die Öffentlichkeit bringen, die in den traditionellen Medien nicht angesprochen werden können." Bei der BOBs-Jury ist die Botschaft der "Hundezeitung" angekommen. Deshalb erhält sie zusätzlich den Jury-Award in der Kategorie "Best Journalistic Blog Chinese".
Der Macher der "Hundezeitung", bekannt unter seinem Internet-Namen "aggressive kleine Schlange" freute sich in einer ersten Reaktion: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich die BOBs gewinne. Viele andere sind wahrscheinlich auch überrascht. Aber ich denke, es könnte die anderen Blogger ermutigen, wenn ein Blog wie meines einen solchen Award gewinnt." Als Preis wartet auf die "Kleine Schlange" ein hochwertiges Notebook, finanziert durch Sponsoren.
Deutsche Sieger
Auch einige deutschsprachige Weblogs freuten sich über gewonnene Bobs. Den Jury-Preis für das beste deutschsprachige journalistische Weblog bekommt die Internetseite "Medienrauschen", die sich mit Medienthemen befasst. Das Medienrauschen-Team konnte sich damit u.a. gegen so starke Konkurrenz wie das derzeit wohl bekannteste deutsche Weblog "Bildblog" durchsetzen.
"Bildblog", das sich Tag für Tag kritisch mit den journalistischen (Fehl-)leistungen der Bild-Zeitung auseinandersetzt, holte souverän den User-Preis. Ein weiterer Titelgewinn made in Germany: In der Kategorie "Best Innovation" favorisierten die Juroren das reichlich schräge "Domino-Blog".
Große Resonanz in Lateinamerika
Das besondere am DW-Wettbewerb ist natürlich der Blick über die Sprachgrenzen. "The BOBs geben einen guten Überblick über die internationale Blogger-Szene", so Online-Chef Baumhauer. Besonders beeindruckend aus Sicht der international besetzten Jury waren die zahlreichen Wettbewerbsbeiträge aus Spanien und Lateinamerika. "Am Ende machte in der Jury-Kategorie "Best Topic" das spanische Blog "El Hombre Que Comía Diccionarios" ("Der Mann, der Nachschlagewerke auffraß") das Rennen. Kleine Schnipsel zufälligen Wissens werden in diesem ungewöhnlichen Weblog präsentiert.
Nach Ansicht der Jury verkörpert diese Website auf ungewöhnliche und eindrucksvolle Weise die Netzwerkstruktur des Internets. Überraschend: "Die englische Blogosphäre hingegen reagierte aus unserer Sicht eher verhalten auf die Awards", so Baumhauer. Weitere Sieger der Jury-Wertung sind: Das spanische Weblog "La Malarosa" (Best Design), Moodless.net (Best Journalistic Blog Arabic), Lessig Blog (Best Journalistic Blog English), Ponto Media (Best Journalistic Blog Portuguese), Natasha Mozgovaya (Best Journalistic Blog Russian), Periodistas 21 (Best Journalistic Blog Spanish).
Viele Sprachen, viele Blogs
Für die zehnköpfige Jury geht mit der Veröffentlichung der Gewinner eine arbeitsreiche Phase zu Ende. "Das Niveau der eingereichten Blogs war sehr hoch", berichtet DW-Redakteur, Weblog-Veteran und Jury-Mitglied Konstantin Klein. "Für mich waren Aktualität und Originalität wichtige Kriterien." Der russische Internet-Manager Anton Nossik geht noch weiter. Er war "auf der Suche nach Weblogs mit einem praktischen Gebrauchswert, die eine Innovation für die Weblog-Szene bedeuten."
Hinzu kam: "Wir mussten uns die Blogs sehr genau anschauen. Was heute ein wirklich gutes Blog ist, kann morgen schon ein schlechtes Blog sein", so Jury-Mitglied Jörg Kantel. Als der "Schockwellenreiter" ist er der wohl bekannteste deutsche Blogger. Eine große Herausforderung stellte auch die Vielsprachigkeit des Wettbewerbs dar. Für die redaktionelle Unterstützung in den sieben Wettbewerbssprachen sorgten deswegen Redakteure der Schwerpunktsprachen von DW-WORLD, dem Internetangebot der Deutschen Welle.
Über 67.000 Online-Stimmen
Insgesamt präsentiert DW-WORLD 22 Preisträger in elf Kategorien. Die Jury-Preisträger wurden durch eine ebenso internationale wie hochkarätige Jury aus zehn unabhängigen Journalisten, Medienwissenschaftlern und Weblog-Experten ermittelt.
Außer den elf Jury-Awards wurden bei den BOBs-Awards auch noch elf gut dotierte User-Awards vergeben. In der Kategorie "Best Weblog" ging der User-Preis an "Für eine Handvoll Pixel" ("Por um punhado de pixels") von Nemo Nox, einem Pionier brasilianischen Blogger-Szene. An dem Online-Voting beteiligten sich über 67.000 User. Ein Ergebnis, mit dem Holger Hank, Redaktionsleiter von DW-WORLD.DE, sehr zufrieden ist. "Unsere Intention war es, mit der internationalen Weblog-Community in Kontakt zu treten. Das ist uns gelungen." Und Hank ist sich sicher: "Weblogs sind ein Internet-Format mit Zukunft". Eine solche haben deshalb wohl auch "TheBobs". Redaktionsleiter Hank: "2005 sind wir aller Voraussicht nach wieder dabei!"