1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Trump zieht alle in den Sumpf"

Das Beraterteam von Donald Trump attackiert Deutschland wegen des schwachen Euro. Der Ökonom Ansgar Belke erklärt, warum dies erst der Anfang einer Konfrontation ist, die am Ende allen Beteiligten schadet.

Symbolbild Differenzen Euro Dollar
Bild: picture alliance/CHROMORANGE/BILDERBOX

Deutsche Welle: Ein wichtiger Berater von Donald Trump behauptet in einem Interview, Deutschland beute mit einem "deutlich unterbewerteten" Euro die Amerikaner und die Euro-Partner aus. Welches wirtschaftliche Ziel verfolgen Trump und seine Berater mit solchen provokanten Aussagen?

Ansgar Belke: Das ist für mich die Einleitung eines Währungskrieges. Ich frage mich, ob die Europäische Zentralbank dafür gewappnet ist. Es ist möglicherweise auch der Versuch, Europa zu teilen und sich jedes Land einzeln vorzunehmen - so wie es die USA bei Verhandlungen übrigens schon länger machen.

Die Vorwürfe sind ja nicht neu - auch Barack Obama hat sich immer wieder wegen des schwachen Euro geäußert - inwiefern sehen Sie da bei der Regierung Trump einen Unterschied?

Das ist ganz klar: Die Regierung Trump pickt sich gezielt Deutschland heraus. Obama hat immer multilateral verhandeln wollen. Dieses Herauspicken eines Landes aus einer Währungsgemeinschaft, das ist eine neue Dimension. Was die Wortwahl angeht, erleben wir auch eine neue Dimension - aber das zeigt sich ja bereits seit dem Antritt der neuen US-Regierung.

06.05.2014 DW Made in Germany Ansgar Belke
Der Ökonom Ansgar Belke Bild: DW

Sie sprechen bereits im Präsens. Was macht Sie so sicher, dass da ein Währungskrieg auf uns zukommt?

Wir alle versuchen Trump zu verstehen. Trump agiert meiner Meinung nach zunächst einmal in der ersten Phase seines Amtsantritts wie Ronald Reagan. Das heißt, er wird die Staatsausgaben erhöhen, Steuern senken und letztlich die Staatsschulden massiv erhöhen. Dadurch steigt zunächst der Zins - am Ende werden die Schulden aber nicht mehr zu bezahlen sein. Deshalb muss der Dollar billiger werden. Trump wird die US-Notenbank Fed personell mit Befürwortern einer schwachen Währung umbesetzen sowie eine strenge Überprüfung mit derselben Stoßrichtung durchsetzen. All das ist schon jetzt vorhersehbar und zielt auf eine Schwächung des Dollar ab. Deshalb sehe ich bei der US-Geldpolitik einen großen Drang in Richtung Abwertung und mit der bewussten Schädigung Deutschlands nun auch den Beginn eines Währungskrieges.

Aber die Europäische Zentralbank hält den Euro doch mit ihrem gigantischen Anleihekaufprogramm sehr schwach. Haben die USA dann nicht auch Recht mit dem Vorwurf, die Deutschen profitierten vom schwachen Euro besonders?

Natürlich profitieren wir von einem schwachen Euro. Aber wir sitzen da nicht am längeren Hebel. Deutschland war im Grunde das Land, das die Politik der Europäischen Zentralbank am heftigsten kritisiert hat. Die EZB in Gestalt von Mario Draghi hat sogar erklärt, sie sei unabhängig und das zeige sich vor allem daran, dass man nicht dem deutschen Willen folge.

Außerdem: Wenn wir genauer hinschauen, sind die Deutschen ja sehr stark in die internationale Wertschöpfungskette integriert. Nehmen wir mal das Beispiel Automobilindustrie, was von Trump und (seinem Berater, Anm. d. Red) Navarro ja häufig benutzt wird. Da wissen wir, dass häufig nur die Endmontage in Deutschland stattfindet. In Nicht-Euroländern werden aber die Zwischenprodukte hergestellt. Wenn der Euro abwertet - dann müssen wir mehr für diese Zwischenprodukte bezahlen und so profitiert Deutschland am wenigsten vom schwachen Euro. Die EU-Kommission hat in einer Studie gezeigt, dass es in Europa vor allem Italien und Spanien sind, die vom schwachen Euro profitieren. Darüber hinaus ist der Erfolg der deutschen Exporte wegen ihrer hohen Qualität nicht so sehr vom Preis und damit der Abwertung des Euro abhängig. Wir können also einfach nicht den direkten Zusammenhang herstellen: Der Euro wertet ab, ist von Deutschland manipuliert und am Ende profitieren wir am meisten.

Nun geht es Trump darum, den Dollar schwach zu halten. Was hat er dafür im Werkzeugkasten?

Ich tippe darauf, dass er den noch ein Jahr laufenden Vertrag der Chefin der US-Notenbank, Janet Yellen, nicht verlängern wird und es dann eine Wende von der Zinswende gibt - die Zinsen also wieder sinken. So wird er den Währungskrieg eröffnen.

Auch kann Trump die "Liquidity-Swaps" aussetzen. Die Amerikaner haben der EZB mit viel Geld ausgeholfen, um Banken zu stützen und das Inflationsziel zu erreichen. Das könnten sie aussetzen und dann wäre die Liquidität in der Eurozone geringer und der Euro würde aufwerten. Zudem stiege auch die Gefahr einer erneuten Finanzkrise in der Eurozone.

Wenn die USA nun alle Register ziehen und massiv an einer Abwertung des Dollars schrauben: Wird Europa da dann nicht mitziehen und den Euro auch noch verbilligen?

Sie werden sehen, dass Mario Draghi nun argumentieren wird, dass die Inflation nicht nachhaltig sei - obwohl sie nun beim Ziel von zwei Prozent angekommen ist. Er wird sagen, um das Ziel auch dauerhaft zu erreichen, wird man weiter eine expansive Geldpolitik verfolgen müssen.

Wie gefährlich sind Trump und das, was seine Berater sagen, für die deutsche und europäische Wirtschaft?

Natürlich ist diese Art Währungskrieg und Währungswettbewerb, der nun kommt, gefährlich. Das Problem ist: Solche Währungskriege schaden allen gemeinsam. Die Währungsschwankungen nehmen in der Regel zu und das Wirtschaftswachstum auf beiden Seiten des Atlantiks schrumpft - Trump zieht also alle gemeinsam mit in den Sumpf.

Ansgar Belke ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen

Das Interview führte Nicolas Martin.