Belarus: DW-Korrespondentin auf Polizeirevier festgehalten

DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge hat die Festnahme der in Belarus akkreditierten DW-Korrespondentin Alexandra Boguslawskaja gestern Abend scharf kritisiert.

Massenfestnahmen bei Protesten in Minsk am 27. August 2020Bild: picture-alliance/dpa/U. Mauder

„Diese angeblichen Prüfungen persönlicher Papiere sind fadenscheinige Versuche, eine unabhängige Berichterstattung zu behindern und Menschen Informationen vorzuenthalten. Sie stellen einen weiteren Angriff auf die Pressefreiheit in Belarus dar“, sagte DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge zur Festnahme der in Belarus akkreditierten DW-Korrespondentin Alexandra Boguslawskaja gestern Abend.

Boguslawskaja wurde am 27. August 2020 gegen 19 Uhr im Stadtzentrum von Minsk festgenommen. Die Journalistin hielt sich zur Berichterstattung für die DW am Rande einer Protestaktion gegen die amtierende Regierung auf. 

Ohne Vorankündigung oder Aufforderung, den Ort zu verlassen, wurde Boguslawskaja gemeinsam mit mehreren Journalisten festgenommen und auf das Polizeirevier Oktjabr'skaja gebracht. Nach fast sechs Stunden durfte Boguslawskaja das Revier wieder verlassen. Ihr am Abend konfisziertes Mobiltelefon erhielt sie erst im Laufe des heutigen Freitags zurück. 

Boguslawskaja berichtete, Personen in ziviler Kleidung mit Mund-Nasen-Schutz hätten sich den Journalisten auf der Polizeistation nicht vorgestellt und keine Erklärung zur Verhaftung gegeben. Die Männer hätten die Journalisten zur Entsperrung ihrer Smartphones aufgefordert. Nach der Sichtung von Fotos und Videos und der Löschung von Dateien, die Protestaktionen zeigten, durften einige Journalisten gehen. Sie habe sich geweigert, ihr Smartphone zu entsperren; daraufhin wurde es ohne Angabe von Gründen konfisziert.  Es wurde lediglich mitgeteilt, sie könne es am Freitag abholen. Boguslawskaja sagte, sie habe nicht telefonieren dürfen, ihr von ihrem Ehemann benachrichtigte Anwalt wurde nicht zu ihr vorgelassen.

Zu keiner Zeit sei Gewalt angewendet worden, man habe sie „gut behandelt“, so Boguslawskaja.

Vor ihrer Freilassung wurde ihr mitgeteilt, es werde ein „Verwaltungsprozess gegen sie wegen journalistischer Arbeit ohne Akkreditierung eingeleitet“, trotz vollständiger und wiederholter Vorlage der Papiere durch Boguslawskaja.  

Bei der Abholung ihres Mobiltelefons versicherten die Polizisten auf dem Polizeirevier Boguslawskaja heute, die Behörden hätten „den Verwaltungsprozess eingestellt“. 

Eine Pressesprecherin des Innenministeriums bestätigte der DW diese Aussage heute telefonisch. Die Pressestelle teilte weiter mit, die Journalisten seien nicht festgenommen, sondern lediglich zur „Prüfung ihrer Dokumente, die die Legitimität ihrer professionellen Tätigkeit bestätigen“ auf das Polizeirevier gebracht worden. Den Gesetzen in Belarus zufolge darf die Feststellung der Personalien jedoch nicht länger als drei Stunden in Anspruch nehmen.

DW-Chefredakteurin Kasper-Claridge: „Einerseits bin ich erleichtert, dass unsere Korrespondentin in der Nacht freigelassen wurde, andererseits aber immer noch äußerst besorgt über ihre willkürliche Verhaftung in Belarus. Es ist auch nicht hinnehmbar, dass ihr ihr Mobiltelefon erst am Folgetag zurückgegeben wurde.“

„Die Korrespondenten der DW, wie auch Journalisten anderer Medien, müssen ihre Arbeit ungehindert und ohne Schikanen seitens der Behörden in Belarus fortsetzen können“, so Kasper-Claridge.

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DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge Bild: DW/R. Oberhammer
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Protestaktion in Minsk am 27. August 2020 Bild: picture-alliance/dpa/N. Fedosenko
Belarus Aleksandra Boguslawskaya, DW-Korrespondentin in Minsk freigelassen
Alexandra Boguslawskaja Bild: DW/P. Bykowskiy