1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Interview mit Edgar Reitz

"Es ist eine Art Porträt der eigenen Geschichte" - Edgar Reitz über das Filmepos "Heimat"

Edgar Reitz
Edgar ReitzBild: DW

Mit 22 Jahren machte er seine ersten Schritte in der Filmbranche, indem er sich an der Regie und am Drehbuch beteiligte, darüber hinaus die Kamera führte und schließlich den Schnitt besorgte. Das Erstlingswerk trug den Titel "Gesicht einer Residenz" und es war der Beginn einer Karriere, die Edgar Reitz an die Seite jener Menschen stellte, die die Geschichte des deutschen Films schrieben. Doch viele verbinden seinen Namen vor allem mit dem Epos "Heimat", das zu einem Straßenfeger wurde.

Bestes Erstlingswerk

Szene aus dem Film "Mahlzeiten" (1967)
Szene aus dem Film "Mahlzeiten" (1967) Bild: Kinowelt/Arthaus

Das Licht der Welt erblickte Edgar Reitz am 1.11.32 in Morbach im Hunsrück. Nach dem Abitur sollte er zunächst Elektrotechnik studieren, doch die künstlerische Ader in ihm gewann die Oberhand und er nahm ein Studium in den Fächern Theaterwissenschaft, Germanistik, Kunstgeschichte und Publizistik auf. Und bald sollte er auch zum Film finden. Nach seinem "kleinen" Debüt mit dem Dokumentarfilm "Gesicht einer Residenz" und einigen anderen literarischen Aktivitäten, fand Edgar Reitz eine Anstellung bei der Münchner Gesellschaft für bildende Filme. Der Grundstein zu seiner weiteren Karriere war nun gelegt. Es folgten Jahre der Arbeit als Regisseur von Dokumentar- und Kurzfilmen, bis schließlich 1967 der erste Spielfilm von Edgar Reitz in die Kinos kam. Der Film trug den Titel "Mahlzeiten" und erzählt von der Fotografin Elisabeth und dem Medizinstudenten Paul, deren Ehe zunehmend von Problemen belastet wird und die nur noch bei den Mahlzeiten miteinander reden. Prompt wurde der Film 1967 als bestes Erstlingswerk in Venedig ausgezeichnet. Der "Junge deutsche Film" wurde nun um einen wichtigen Beitrag reicher. Auch für Edgar Reitz sollte es nicht nur bei dieser Auszeichnung bleiben.

Szene mit Kai Taschner und Anette Jünger aus dem Film "Stunde Null" (1977)
Szene mit Kai Taschner und Anette Jünger aus dem Film "Stunde Null" (1977) Bild: Kinowelt/Arthaus

"Stunde Null"

Nun folgten weitere Arbeiten von Edgar Reitz, wie etwa der Dokumentarfilm "Filmstunde", der Spielfilm "Cardillac" als Adaption von E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Das Fräulein von Scuderi"oder auch "Der Schneider von Ulm", der die Geschichte des Ulmer Flugpioniers Albrecht Ludwig Berblinger erzählt. Darunter befand sich auch der TV-Spielfilm "Stunde Null", der mit dem Adolf-Grimme-Preis in Silber ausgezeichnet wurde und der die Schicksale von Bewohnern eines Dorfes bei Leipzig in der Zeit zwischen dem Waffenstillstand und der Kapitulation schildert. und es sind nur einige wenige. Der kommerzielle Erfolg solcher Filme hielt sich noch im Rahmen, aber der sollte sich endlich mit einem Filmprojekt von Edgar Reitz auch einstellen.

Der Chronist

Szene mit Marita Breuer aus der Filmserie "Heimat" (1984)
Szene mit Marita Breuer aus der Filmserie "Heimat" (1984) Bild: Kinowelt

Zurückgezogen an die Nordsee, erdachte Edgar Reitz einen Entwurf, der an den Zuschauern nicht spurlos vorbeigegangen ist. Fünf Jahre Vorbereitungs- und Drehzeit dauerte es, bis er nun dieses Werk vorstellen konnte. Die 11-teilige Fernsehserie "Heimat" sorgte nicht nur für einen großen Erfolg des Regisseurs, sondern entfachte auch eine öffentliche Diskussion über diesen Begriff. Es handelt sich hier um eine Chronik des 20. Jahrhunderts ab 1919, die anhand einzelner Schicksale von Bewohnern eines Dorfes im Hunsrück in 16 Stunden die deutsche Geschichte zeichnet. Das Filmepos wurde zu einem hoch gelobten Straßenfeger und wurde auch bei den Festspielen in Venedig ausgezeichnet. Und bald, nach nur vier Jahren, folgte ein weiters umfangreiches Opus von Edgar Reitz: "Die zweite Heimat. Chronik einer Jugend", in 13 Folgen. In 25 Stunden zeichnet hier der Regisseur das Leben der Münchner Studenten in den 60er Jahren. Der Heimat-Zyklus fand dann seine Fortsetzung in dem Sechsteiler "Heimat 3 - Chronik einer Zeitenwende", der in dem Zeitraum 1989 – 2000 spielt. Als bis jetzt letzter Film mit dieser Thematik entstand 2012 der knapp zweieinhalb Stunden lange Film "Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht", der im Hunsrück Mitte des 19. Jahrhunderts spielt und die Auswanderungsüberlegungen zweier Brüder schildert. Unendlich umfangreich ist sowohl die Filmografie von Edgar Reitz, als auch die Liste von Auszeichnungen, mit denen er geehrt wurde. Unter anderem wurde der Grandseigneur des deutschen Films mit dem Großem Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Im Oktober 1985 sprach DW-Redakteur Manfred Moschner mit Edgar Reitz über die Arbeit an dem Heimat-Epos.

Autor: Andreas Zemke

Redaktion: Diana Redlich