Interview mit Kurt Meisel
"Charmanter Schurke mit Tiefgang" nannte ihn "Die Welt" vom 6.4.94 und für die Zeit vom 15.4.94 war er ein "Feuerkopf". Kurt Meisel - sein Markenzeichen eine Glatze - wirkte im Laufe seiner Karriere in über fünf Dutzend Filmen mit, doch seine Leidenschaft galt vor allem dem Theater. Hier war er alles: Schauspieler, Regisseur und auch Intendant. Und eines bescheinigen ihm die Gazetten: trotz mancher Kritik verfolgte Kurt Meisel konsequent den eigenen Regiestil, obwohl der nicht selten als "altväterlich, konservativ, langweilig" abgetan wurde, wie etwa die "Süddeutsche Zeitung" vom 18.8.82 zu berichten wusste.
Die ersten Schritte
Kurt Meisel erblickte das Licht der Welt am 18.8.1912 in Wien, wo er auch aufwuchs und sein Abitur machte. Danach schlug er zunächst eine Juristenlaufbahn ein, doch bald entschied er sich anders und ging zum Wiener Volkstheater, wo er ein Volontariat absolvierte. Das erste Engagement folgte auch rasch: mit 21 Jahren kam Kurt Meisel an die Münchner Kammerspiele, und ein Jahr danach spielte er auch schon seine erste Hauptrolle, und zwar in dem Drama von Richard Billinger "Stille Gäste". In diesem Jahr – 1934 – kamen noch weitere Ereignisse auf den jungen Schauspieler zu: er stand zum ersten Mal vor der Kamera in dem Film "Klein Dorrit" nach Charles Dickens und wechselte auch seinen Arbeitgeber. Kurt Meisel ging nämlich von München nach Leipzig an das Alte Theater, wo er zwei Jahre bleiben sollte. Anschließend ging er an das Berliner Staatstheater, an dem ihm Gustav Gründgens und Jürgen Fehling den "letzten Schliff" gaben. Kurt Meisel war nun auch bei der Ufa ein gefragter Schauspieler.
Ein Ufa-Star
So wirkte Kurt Meisel bis 1945 in zwei Dutzend Filmen mit, sein letzter Film in der Zeit der Nazi-Herrschaft war der Durchhaltestreifen "Kolberg" unter der Regie von Veit Harlan. Dieser Historienfilm erzählt eine Geschichte aus der Zeit der Napoleonzüge, in der eine Stadt sich gegen die Franzosen zur Wehr setzt, und das trotz einer aussichtslosen strategischen Lage. Davor war er auch unter anderem in solchen Filmen zu sehen wie "Eine Frau wie Du" von Viktor Tourjansky (Regie), "Der große König" von Veit Harlan (Regie), an der Seite von Olga Tschechowa und Siegfried Breuer spielte er auch in dem Film "Menschen im Sturm", bei dem Fritz Peter Buch die Regie übernahm, oder auch in dem Streifen "Der Fall Rainer" von Regisseur Paul Verhoeven. Viele dieser Filme klebten ihm allerdings ein Etikett auf: Kurt Meisel schien auf das Rollenfach des Schurken festgelegt. In der Nachkriegszeit jedoch zeigte der Schauspieler auch seine anderen Qualitäten.
Keine Skandale, keine Streitereien
Nach dem Zweiten Weltkrieg wandte sich Kurt Meisel zunächst dem Theater zu. So spielte er an verschiedenen Theaterbühnen Berlins, gastierte aber auch an den Münchner Kammerspielen, am Wiener Burgtheater und kam auch am Wiener Theater in der Josefstadt zum Einsatz. Und obwohl er beim deutschen Nachkriegsfilm wieder gefragt war, sollte das Theater im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen. So übernahm er verschiedene Funktionen in München, Wien und Salzburg, bis er 1966 schließlich zum Intendanten des Bayerischen Staatsschauspiels in München berufen wurde. In dieser Funktion fungierte er elf Jahre und prägte auch als Regisseur die Inszenierungen dieser Bühne entscheidend. Die Kritiker warfen ihm nicht selten vor, sein Regiestil sei "altbacken" und "konservativ", jedoch in dieser Zeit funktionierte das Haus vortrefflich. Die "Süddeutsche Zeitung" vom 18.8.92 wusste in diesem Zusammenhang zu berichten: "… Zumal während seiner Münchner Intendanz die Abonnenten durchaus glücklich waren mit seinem Theater. Und die Politiker auch. Zu Meisels Zeiten gab es keine Skandale, keine Streitereien. Das Ensemble fühlte sich wohl, und er sich mit ihm…" In der Nachfolgezeit spielte und inszenierte Kurt Meisel an verschiedenen Theatern in Wien, Hamburg, Berlin und Stuttgart. Neben diesen Tätigkeiten trat er immer wieder vor die Kamera. So spielte er unter anderem in den Filmen "Der Kurier des Zaren" unter der Regie von Erpirando Visconti (Neffe von Luchino Visconti), in dem Thriller "Die Akte Odessa" von Ronald Neame (Regie) oder auch in einigen Filmen der Derrick-Serie mit. Sein Wirken wurde vielfach gewürdigt. Kurt Meisel wurde unter anderem mit dem Kunstpreis der Stadt Berlin und dem Bayerischen Verdienstorden geehrt. Er starb am 4.4.94 in Wien.
Im Dezember 1977 sprach DW-Mitarbeiter Klaus Colberg mit Kurt Meisel über seine Karriere.